Ein-mann-show auf 45 Quadratmetern
Bedienen, ausschenken, kochen – Im Mediterraneo macht Ali Abanoz alles selbst
- Ali Abanoz liefert im wohl kleinsten Restaurant in Lindau jeden Abend eine One-manshow. Er bedient, schenkt aus, backt Pizza, brät Steak und kassiert – und wenn mitten am Abend das Brot ausgeht, besorgt er schnell welches. „Mein alter Job war mir zu langweilig“, sagt der 57-Jährige. Keine Frage: Diese Zeiten sind vorbei.
Auf den 45 Quadratmetern im Mediterraneo auf der Lindauer Insel ist jeder Quadratmeter bestens genutzt: Bank an Bank reihen sich die gepolsterten Sitzecken aneinander. 18 Plätze hat das kleine Restaurant. Am Ende des engen Gangs, ausgeleuchtet mit schummrigen Lampen, steht die kleine Bar aus dunklem Holz. Ist bei Ali Abanoz besonders viel los, setzten sich seine Gäste für ein Steak mit Pommes auch dort hin.
Hinter der Bar, vorbei an der Kasse, dem Spirituosenregal und hängenden Weingläsern, steht der Chef in der Küche und brät. Er bereitet gerade eine Pasta mit Putenstreifen und eine Gemüsesuppe zu. Viel Zeit hat er nicht. Für ein kurzes Gespräch zwischen Fleisch schneiden und Pfanne erhitzen reicht es.
Der 57-Jährige kommt ursprünglich aus der Türkei, erzählt er. Vor 20 Jahren eröffnete er zusammen mit einem Freund aus Italien, einem Koch, das Restaurant auf der Insel. Bald schon sprang der Freund ab, weil er zurück in seine Heimat musste. Von da an war Ali Abanoz allein.
Vom Kochen hatte er wenig Ahnung. Abanoz war in der Metallbranche tätig. Aber die Arbeit in der Fabrik war ihm zu langweilig. Und außerdem: „Ich wollte mehr arbeiten.“Jetzt habe er genug zu
tun, sagt der Restaurant-chef, während er abgekochte Nudeln aus einer Metallbox schaufelt und in die Pfanne gibt. Und das Kochen? „Das habe ich mir selbst beigebracht.“
Tag und Nacht verbringt der 57-Jährige in dem kleinen Haus in der Ludwigstraße. Wenn die langen Tage im Restaurant hinter ihm liegen und er nicht gerade noch einkaufen oder sich um etwas anderes kümmern muss, geht er einen Stock höher in seine kleine Wohnung. „Viel mehr als arbeiten mache ich nicht“, sagt er.
Aber Ali Albanoz will das so. Eine Aushilfe anzustellen, lohne sich finanziell nicht, sagt er. Nur wenn viel in der Stadt los ist, helfe eine Bedienung aus.
Mittlerweile haben die Putenstreifen eine dunkle Kruste. Der Koch ist zufrieden, streut noch ein paar Gewürze über das Gericht und trägt die Teller zu einem Zweiertisch. Lange mussten seine Gäste nicht warten.
An den Tisch gegenüber hat sich eine Frauengruppe gesetzt. Sie freuen sich, dass „der Chef hochstpersönlich“sie bedient. Sie seien nicht das erste Mal hier –
und kommen immer wieder gerne, berichten sie. „Ist gemütlich hier. Und schmeckt“, findet eine der Frauen.
Allzu viel Zeit verbringt Ali Albanoz nicht an den Tischen seiner Gäste. Er hat über die Jahre gelernt, zu managen, sich die Zeit richtig einzuteilen. „Aber der Austausch mit den Gästen gefällt mir trotzdem am besten“, sagt er. „Es gibt immer etwas Neues.“
Zeit für eine nette Geste bleibt dennoch. Einer Frau im Restaurant, die viel hustet, stellt er ungefragt einen Kamillentee auf den Tisch. Später auf der Rechnung taucht er nicht auf.