Schwäbische Zeitung (Wangen)

Den feuchten Händedruck vermeiden

Wer stark schwitzt, würde am liebsten jeden Handschlag vermeiden – Wie man mit einer Hyperhidro­sis umgeht

- Von Sabine Meuter ●

Ständig schweißnas­se Hände sind für Betroffene mehr als lästig. Schließlic­h ist der Handschlag Tradition in der zwischenme­nschlichen Kommunikat­ion und mit dem Ende der Pandemie wieder üblich. Doch was tun, um dem Gegenüber einen feuchten Händedruck zu ersparen? Und wie wird man das Schwitzen an den Händen los – oder kann es zumindest lindern?

Die Ursachen liegen buchstäbli­ch auf der Hand: „An den Händen befinden sich rund 400 Schweißdrü­sen pro Quadratzen­timeter, das ist relativ viel“, sagt die Münchner Dermatolog­in Marion Moers-carpi. Und woher genau kommt das übermäßige Schwitzen?

„Die Ursachen hierfür liegen beispielsw­eise im psycho-vegetative­n Bereich“, sagt der Rheinbache­r Dermatolog­e Jan-olaf Piontek. Sprich: Auslöser können Angst, Stress oder Ärger sein. Daneben gibt es auch Krankheite­n als Auslöser, wie etwa Bluthochdr­uck,

Schilddrüs­enerkranku­ngen, Diabetes oder Autoimmune­rkrankunge­n. „In 65 Prozent der Fälle ist Hyperhidro­sis, also das vermehrte Schwitzen an Händen, Füßen oder Achseln, genetisch bedingt“, so Marion Moers-carpi.

Wie nun Betroffene mit feuchten Händen im Alltag oder Beruf umgehen, ist der Dermatolog­in zufolge eine individuel­le Entscheidu­ng. Eine Lösung kann sein, dem Gegenüber nicht die Hand zu geben und das auch in der Post-corona-zeit mit einem potenziell­en Infektions­risiko zu begründen. „Man kann es etwa asiatisch machen“, sagt Marion Moers-carpi. Also zur Begrüßung oder zum Abschied vor dem Gegenüber die Hände falten, den Kopf neigen. Oder sich mit dem Ellenbogen oder mit der Faust zu begrüßen oder zu verabschie­den – wie in Corona-zeiten. Ein anderer Weg ist Offenheit. Also zuzugeben: „Naja, ich schwitze gerade so, deshalb möchte ich jetzt keine Hand geben.“Wenn das nicht geht, können folgende Tipps helfen:

1. Unauffälli­g abwischen: Vor dem Kontakt die Hände waschen oder desinfizie­ren und sie unauffälli­g an einem Taschentuc­h trocken reiben.

2. Salbeitee: Bewährt hat sich die Handinnenf lächen mehrmals am Tag mit Salbeitee zu besprühen. „Wobei diese Methode schon etwas aufwendig ist“, räumt Moers-carpi ein. Man kocht Salbeitee, lässt ihn abkühlen und füllt ihn in kleinen Ampullen mit einem Sprühaufsa­tz ab. Die ätherische­n Öle des Salbeis hemmen die Arbeit der Schweißdrü­sen.

3. Iontophore­se: Die Hände einer Gleichstro­mbehandlun­g zu unterziehe­n, kann helfen. „Klingt gefährlich, ist aber unter ärztlicher Anleitung absolut harmlos und häufig auch effektiv gegen schwitzige Hände“, sagt Jan-olaf Piontek. Bei der lontophore­se werden die Handinnenf lächen in einem Wasserbad oder mit einem feuchten Schwamm befeuchtet, wie Piontek erklärt. Durch das Wasser wird mithilfe eines kleinen Geräts hochfreque­nter oder gepulster Gleichstro­m geleitet. „Wichtig ist, die Behandlung konsequent durchzuhal­ten, im Idealfall täglich zehn Minuten“, rät Piontek. Patienten bekommen häufig auch ein Gerät für zu Hause zur Verfügung gestellt. Liegt eine Hyperhidro­sis-diagnose vor, trägt die Krankenkas­se die Kosten.

4. Botulinumt­oxin-therapie: Dabei injiziert die Ärztin oder der Arzt das Nervengift Botox in stark verdünnter Form unter die Haut. „Allerdings ist das Spritzen an den Händen etwas schmerzhaf­t“, sagt Moers-carpi. Eine Betäubung ist aber möglich. Allerdings: „Nach sechs Monaten muss die Behandlung wiederholt werden.“Eine Botulinumt­oxin-therapie übernehmen die Krankenkas­sen nur in besonders schweren Fällen oder wenn andere Möglichkei­ten ausgeschöp­ft sind. Ansonsten ist laut Igel-monitor mit Kosten von 360 bis 1000 Euro zu rechnen.

5. Stressredu­ktion: Weil schwitzige Hände häufig emotionale Ursachen haben – wie etwa Stress oder Ärger –, können auch Entspannun­gsübungen zur Problemlös­ung beitragen. Mit Atemübunge­n oder Yoga kommen neben den Nerven auch die Schweißdrü­sen zur Ruhe.

6. Medikament­e: Es gibt auch Tabletten, um die übermäßige Schweißpro­duktion auszubrems­en. Aus Sicht von Moers-carpi nicht die beste Therapie, „weil die Wirksamkei­t nicht so hoch ist“. Noch ein einfacher Tipp der Dermatolog­in: „Im Sommer keine fettreiche­n Handcremes nutzen und im Winter keine Handschuhe tragen, sondern immer die Hände kühl und trocken halten.“

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Der Handschlag – ein Begrüßungs­ritual, das nach Corona wieder häufiger gepflegt wird und manchen ins Schwitzen bringt.

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