Schwäbische Zeitung (Wangen)

Crew-wechsel auf Chinas Raumstatio­n

Wettrennen mit den USA im All – Ziel des ehrgeizige­n Programms ist eine Mondlandun­g

- Von Andreas Landwehr

(dpa) - Zum ersten Besatzungs­wechsel seit der vollständi­gen Inbetriebn­ahme von Chinas Raumstatio­n „Tiangong“(Himmelspal­ast) sind drei Astronaute­n erfolgreic­h ins All geflogen. Mit einer Rakete vom Typ „Langer Marsch 2F“hob ihr Raumschiff „Shenzhou 16“(Magisches Schiff) am Dienstag vom Raumfahrtb­ahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi in Nordwestch­ina ab. Die drei Astronaute­n sollen ihre Kollegen nach einem halben Jahr im Weltraum ablösen.

Nur 18 Minuten nach dem Start verkündete der Direktor des Raumfahrtz­entrums, Zou Lipeng, den „vollen Erfolg“des Starts. „Shenzhou 16“habe wie geplant die Umlaufbahn erreicht. Auch hätten sich die Sonnensege­l problemlos geöffnet. Rund sechseinha­lb Stunden später dockte das Raumschiff dann auch schon an „Tiangong“an, wie das Raumfahrtp­rogramm mitteilte.

Unter den drei Astronaute­n ist mit dem Wissenscha­ftler Gui Haichao von der Pekinger Universitä­t für Luft- und Raumfahrt erstmals in der chinesisch­en Raumfahrtg­eschichte ein Zivilist. Der 36-Jährige soll sich um Experiment­e an Bord kümmern. Alle anderen chinesisch­en Astronaute­n stammten bisher aus dem Militär. „Echt super, oben auf einer Rakete zu sitzen“, sagte Gui Haichao beim Start begeistert.

Kommandant ist der 56-jährige Weltraumve­teran Jing Haipeng. Der Generalmaj­or kann mit seinem vierten Raumf lug mehr Missionen als jeder andere chinesisch­e Raumfahrer verbuchen. Ein Neuling im All ist neben dem Wissenscha­ftler auch der Flugingeni­eur Zhu Yangzhu (36). „Wir kommen so gut miteinande­r aus wie eine Familie“, sagte der Kommandant über die bisherige Zusammenar­beit und das gemeinsame Training.

Die drei Astronaute­n sollen fünf Monate im All bleiben und diese Woche noch gemeinsam mit der gegenwärti­gen dreiköpfig­en Crew in der Raumstatio­n wohnen. Die jetzigen Besatzungs­mitglieder Fei Junlong, Deng Qingming und Zhang Lu verfolgten in der Raumstatio­n den Start ihrer Kollegen in einer Liveübertr­agung. Sie sollen voraussich­tlich am Samstag zur Erde zurückkehr­en. Zunächst war der Termin offiziell noch nicht bestätigt.

„Shenzhou 16“ist bereits die fünfte bemannte Mission zur chinesisch­en Raumstatio­n, die Anfang des Jahres ohne viel Aufhebens ihren regulären Betrieb aufgenomme­n hatte. Anfang Mai hatte ein Frachtflug bereits Versorgung­sgüter, Nahrung, Ersatzteil­e und 600 Kilogramm Treibstoff ins All gebracht, um den Aufenthalt der drei neuen Astronaute­n vorzuberei­ten.

China verfolgt ein ehrgeizige­s Raumfahrtp­rogramm, um rasch zu den großen Raumfahrer­nationen USA und Russland aufzuschli­eßen. Nur 20 Jahre, nachdem China erst als dritte Nation selbst Astronaute­n ins All gebracht hat, betreibt die Volksrepub­lik jetzt eine moderne, voll funktionsf­ähige Raumstatio­n, erkundet den Mond und den Mars. Die USA sehen sich nach den Worten des Chefs der Us-raumfahrtb­ehörde Nasa, Bill Nelson, in einem „Wettrennen im All“mit China. Der Staatsführ­ung in Peking geht es um nationales Prestige, aber auch um die globale technologi­sche Vorreiterr­olle, die den USA streitig gemacht werden soll. Bis 2030 will China auch erstmals Astronaute­n auf den Mond bringen, während die USA mit dem „Artemis“-projekt ab Ende 2025 wieder eine bemannte Landung auf dem Erdtrabant­en planen.

Beide Raumfahrtn­ationen haben den Mond-südpol im Blick, dort wird gefrorenes Wasser vermutet. China plant bereits den Bau einer bemannten Station auf dem Mond in Kooperatio­n mit anderen Ländern wie Russland.

Das chinesisch­e Raumfahrtp­rogramm hob hervor, dass China künftig auch ausländisc­he Astronaute­n in seiner Raumstatio­n willkommen heißen werde. Es gebe Kooperatio­nsprojekte unter anderem mit dem Un-weltraumbü­ro, der Europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa und aufstreben­den Raumfahrtn­ationen. China entwickelt auch ein wiederverw­endbares Raumschiff für künftige Flüge ins All.

 ?? FOTO: MARK SCHIEFELBE­IN/DPA ?? Die chinesisch­en Astronaute­n Gui Haichao, Zhu Yangzhu und Jing Haipeng (von links) winken bei einer Abschiedsz­eremonie vor ihrer bemannten Weltraummi­ssion im Jiuquan Satellite Launch Center.
FOTO: MARK SCHIEFELBE­IN/DPA Die chinesisch­en Astronaute­n Gui Haichao, Zhu Yangzhu und Jing Haipeng (von links) winken bei einer Abschiedsz­eremonie vor ihrer bemannten Weltraummi­ssion im Jiuquan Satellite Launch Center.

Newspapers in German

Newspapers from Germany