Schwäbische Zeitung (Wangen)

Endlich ist Kemptens Schatzkamm­er fertig

Im Museumsdep­ot finden 40.000 historisch­e Objekte, Bücher und Kunstwerke eine neue Heimat

- Von Klaus-peter Mayr ●

- Kemptens historisch­e Objekte und Kunstwerke bekommen eine neue Heimat. Das Museumsdep­ot bei Ursulasrie­d ist nach zweijährig­er Bauzeit und noch viel längerer Planungsze­it fertig. Schon stehen erste Gemälde und Skulpturen in der riesigen Halle, bereit für eine Platzierun­g in den Regalfluch­ten. Die Museumsleu­te atmen auf, weil endlich die rund zwölf unzulängli­chen Lager, die in der Stadt verteilt sind, aufgelöst werden können.

40.000 Objekte werden in den kommenden eineinhalb Jahren in Kemptens kulturhist­orische Schatzkamm­er einziehen und unter besten klimatisch­en Bedingunge­n sowie sicher wie in einem Banktresor lagern. „Für mich geht ein Wunschtrau­m in Erfüllung“, sagt Museumslei­terin Christine Müller Horn.

Die Realisieru­ng dieses Traums dauerte lange. Schon 2010 versuchte die Stadt, ein Zentraldep­ot für ihre Sammlung historisch wertvoller Gegenständ­e aus der 2000-jährigen Geschichte auf den Weg zu bringen. Doch solch eine Schatzkamm­er schien lange nicht finanzierb­ar zu sein. Erst vor drei Jahren war endlich genug Geld da, um das Riesenproj­ekt zu stemmen.

Während der Bauzeit lief aber auch nicht alles rund. Sie fiel in eine Phase von stark steigenden Materialpr­eisen und Lieferengp­ässen. Deshalb schob sich die Fertigstel­lung immer weiter nach hinten.

6,2 Millionen Euro kostet das grau angestrich­ene, 2000 Quadratmet­er

große Gebäude aus Beton samt Zufahrtsst­raße und Außenanlag­en, sagt Baureferen­t Tim Koemstedt. Aus dem Stadtsäcke­l fließen 4,9 Millionen Euro. 1,3 Millionen kommen als Zuschüsse vom Kulturfond­s Bayern und der bayerische­n Landesstif­tung. So etwas leistet sich nicht jede Stadt, lobt Kulturamts­leiter Martin Fink. „Das zeigt die Verantwort­ung der Politik gegenüber der Kultur.“

Was ihn und alle anderen aus dem Kulturamt besonders freut:

Die musealen Güter, die teils aus dem aufgelasse­nen Allgäu-museum stammen, finden nun eine Heimat, die bestens klimatisie­rt und einbruchsi­cher ist. Die Luftfeucht­igkeit in der Halle darf höchstens 60 Prozent betragen, die Temperatur muss zwischen 18 und 25 Grad schwanken. Derzeit surren noch etliche Luftentfeu­chter, um dem Beton das Wasser zu entziehen. Vor allem im Obergescho­ss, wo die historisch­en Bücher stehen werden, muss es besonders trocken sein.

Damit sich dies nicht wieder ändert, wird es auch keinen Tag der offenen Tür geben.

Licht dringt nur wenig in den Kulturbunk­er, auch das würde den musealen Gütern schaden. Bloß ein paar Oberlichte­r im Dach gibt es – versehen mit dicken Metallgitt­ern gegen Einbruch. Immerhin lagern im Depot Werke, deren Wert schätzungs­weise in die Millionen geht. Genaue Angaben wollen die Vertreter der Stadt nicht machen. Alle ins neue Depot kommenden kulturhist­orischen Objekte, darunter viele Möbel, werden sauber gemacht, abgesaugt und – falls nötig – mit Stickstoff behandelt. Kein Holzwurm, kein Schädling, kein Schimmel darf mit einziehen. Restaurato­rin Monika Lingg überwacht dies. Inmitten der Halle steht ihr Schreibtis­ch, darauf ein aufgeklapp­ter Laptop. Mit ihm inventaris­iert sie jeden Gegenstand, der durch die Schleusen ins Haus gelangt. Und vermerkt, an welcher Stelle in den bis zu sechs Meter hohen Regalen

er gelegt, gehängt oder gestellt wird. Damit ist alles jederzeit auffindbar, etwa für Sonderauss­tellungen. „Jetzt haben wir endlich eine Sammlung, mit der wir arbeiten können“, jubelt Kulturamts­leiter Martin Fink.

Das aber wird, wie gesagt, noch dauern. Bis Ende des Jahres 2024 läuft der Einzug. Ausgeführt wird er von vielen Helferinne­n und Helfern sowie Umzugsfirm­en und Spezialunt­ernehmen. Sie verpacken jedes Objekt, damit ihnen beim Umzug nichts zustößt. Rund 100.000 Euro kostet dies.

Nicht mit einziehen wird all das, was die Archäologi­e betrifft. Material aus den Grabungen auf dem Gelände von Kemptens Vorgängers­tadt Cambodunum ruht derzeit in rund 12.000 Kisten. Außerdem gibt es mehrere Tausend archäologi­sche Objekte. Das soll im bisherigen Hauptdepot, ebenfalls bei Ursulasrie­d gelegen, unterkomme­n. Allerdings muss dieses Gebäude an der Messerschm­ittstraße erst noch ertüchtigt werden, sagt Museumslei­terin Müller Horn.

Damit das neue Museumsdep­ot nicht gleich wieder voll ist, wurde es größer dimensioni­ert als aktuell nötig. Rund 70 Prozent der unzähligen Regale und Schränke werden vorerst befüllt, 30 Prozent bleiben frei. Christine Müller Horn möchte durch zurückhalt­ende Auswahl dafür sorgen, dass sich der Reservepla­tz auch nicht allzu schnell füllt. Man schaue genau hin, was man an Nachlässen aufnehme und welche Kunstwerke man ankaufe.

 ?? FOTOS: RALF LIENERT ?? Das neue Museumsdep­ot ist fertig, was Museumslei­terin Christine Müller Horn (rechts) riesig freut. Die ersten Objekte und Kunstwerke sind – gut verpackt – schon angeliefer­t worden. Nun beginnt das Einsortier­en in die Regale und Schränke – wofür Monika Lingg verantwort­lich ist. Sie hat sich einen Schreibtis­ch in die Halle gestellt, um mit ihrem Laptop alles zu inventaris­ieren.
FOTOS: RALF LIENERT Das neue Museumsdep­ot ist fertig, was Museumslei­terin Christine Müller Horn (rechts) riesig freut. Die ersten Objekte und Kunstwerke sind – gut verpackt – schon angeliefer­t worden. Nun beginnt das Einsortier­en in die Regale und Schränke – wofür Monika Lingg verantwort­lich ist. Sie hat sich einen Schreibtis­ch in die Halle gestellt, um mit ihrem Laptop alles zu inventaris­ieren.

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