Schwäbische Zeitung (Wangen)

Aus zwei mach drei

Am Ostersonnt­ag werden die Uhren um eine Stunde nach vorn gestellt – Ökonom sieht Vorteile der Zeitumstel­lung

- Von Christian Brahmann

(dpa) Der Wechsel von Winter- auf Sommerzeit kann aus wirtschaft­licher Sicht durchaus Sinn ergeben, auch wenn er viele Menschen nervt. „Trotz mancher Nachteile ist es sinnvoll, zweimal jährlich die Uhrzeit umzustelle­n“, sagte Professor Nicolas Ziebarth von der Universitä­t Mannheim der Deutschen Presse-agentur. Das Umstellen habe positive und negative Effekte auf die Gesundheit. Mit einigen Anpassunge­n im Alltag könnten die negativen Auswirkung­en verringert werden, sagte der Leiter des Forschungs­bereichs „Arbeitsmär­kte und Sozialvers­icherungen“am Leibniz-zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW).

Aus Sicht des Ökonomen Ziebarth sind dabei Arbeitgebe­r und Bildungsei­nrichtunge­n gefragt. „Ein späterer Schul- und Arbeitsbeg­inn in der ersten Woche nach der Zeitumstel­lung hilft, negative Effekte zu verringern“, sagte er mit Blick auf das Vorstellen der Uhren um eine Stunde am Sonntag (31. März). Vor allem Teenager bräuchten ausreichen­d Schlaf für ihre Entwicklun­g. Studien zeigen ihm zufolge auch, dass deren Leistungen generell besser werden, wenn Schule oder Ausbildung später am Tag beginnen – auch ganz unabhängig von der Zeitumstel­lung.

„Deshalb wären dauerhaft andere Schulzeite­n für die Ausbildung sinnvoll, auch wenn Deutschlan­d traditione­ll eher ein Land der Frühaufste­her ist“, sagte Ziebarth.

So wie zweimal jährlich am Zeiger gedreht wird, kommt immer wieder die Frage auf: Sollte die Zeitumstel­lung nicht längst abgeschaff­t sein? Denn 2018 befragte die Eu-kommission die Bürger, 84 Prozent waren in der nicht-repräsenta­tiven Untersuchu­ng gegen die Umstellung – und voilà: Der damalige Kommission­schef Jean-claude Juncker verkündete noch im selben Jahr im deutschen Frühstücks­fernsehen deren Ende.

Das war aber leichter gesagt als getan, denn die Eu-staaten müssten sich vorher einig werden, ob sie dauerhaft Sommer- oder Winterzeit wollen. Weil es dazu keine Einigung gibt, liegt das Thema auf Eis. Auch die aktuelle belgische Eu-ratspräsid­entschaft will das Thema nicht aufgreifen, wie sie auf Anfrage bestätigte. Und so wird auch weiterhin an der Uhr gedreht werden müssen.

Dabei gibt es ganz aktuelle Beispiele für die Abschaffun­g. Grönland stellte im Oktober erstmals nicht auf Winterzeit zurück, nachdem sich die dortige Regierung im November 2022 darauf verständig­t hatte, den Wechsel von Sommer- auf Winterzeit abzuschaff­en.

Die Grönländer wollten damit eine Stunde näher an Dänemark und den Rest Europas heranrücke­n.

Mexiko schaffte erst vor wenigen Jahren nach einer langen Diskussion die Sommerzeit ab. Für das lateinamer­ikanische Land wurde im Herbst 2022 zum vorerst letzten Mal auf die Winterzeit umgestellt.

Die Türkei hat die Umstellung auf Winterzeit schon im Jahr 2016 abgeschaff­t. Energie wird dadurch nicht gespart, wie Wissenscha­ftler der Europäisch­en Bank für Wiederaufb­au und Entwicklun­g in einer Studie im Jahr 2020 herausfand­en. Der Verbrauch habe sich lediglich verlagert. Was nun am Abend gespart werde, werde am Morgen dafür mehr verbraucht, so die Studie.

Mit Blick auf die Diskussion um eine mögliche Abschaffun­g nennt Professor Ziebarth aus Mannheim zwei konkrete Auswirkung­en: „Bei einer dauerhafte­n Winterzeit würde die Sonne dieses Jahr in Frankfurt am Main zur Sonnenwend­e am 21. Juni schon um 4.15 Uhr aufgehen, während sie bei einer dauerhafte­n Sommerzeit am 21. Dezember erst um 9.22 Uhr aufgehen würde.“

Ziel der 1980 für Deutschlan­d wieder eingeführt­en Zeitumstel­lung war die bessere Ausnutzung der Tageshelli­gkeit. Hierzuland­e ist die Physikalis­ch-technische Bundesanst­alt (PTB) in Braunschwe­ig zuständig für die Verbreitun­g der gesetzlich­en Zeit. Ihre wissenscha­ftlichen Experten sorgen dafür, dass über einen Langwellen­sender mit dem Namen „DCF77“in Mainflinge­n bei Frankfurt Funkuhren, Bahnhofsuh­ren und viele Uhren der Industrie mit der gesetzlich­en Zeit versorgt werden.

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FOTO: MAXIMILIAN VON KLENZE/DPA Am 31. März wird die Uhrzeit von zwei auf drei Uhr am Morgen vorgestell­t. Und wieder wird heftig darüber diskutiert.

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