Schwäbische Zeitung (Wangen)

Steigt Amtzell aus dem Biosphären-prozess aus?

Vier Gemeinderä­te stellen entspreche­nden Antrag – Dazu wird auch Kritik laut

- Von Ingrid Kraft-bounin

- Ein möglicher Ausstieg aus dem Prüfprozes­s für ein Biosphären­gebiet ist jüngst Thema im Amtzeller Gemeindera­t gewesen. Eine kleine Gruppe von Räten hatten einen entspreche­nden Antrag eingereich­t. Daran gab es auch Kritik. Diskutiert wurde etwa über die Bedeutung demokratis­cher Meinungsbi­ldungsproz­esse.

Eine handfeste Überraschu­ng gelang Gemeindera­t Stefan Rilling (CDU), als er beantragte, dass Amtzell aus den Planungen und dem Prüfprozes­s zum Biosphären­gebiet (BSG) aussteigt. „Wir haben mit diesem Antrag jetzt drei Monate gewartet, weil wir noch schauen wollten, ob es noch mehr Informatio­nen oder ob es Entscheidu­ngen in anderen Gemeinden dazu gibt“, erläuterte der Cdu-gemeindera­t in der Sitzung am Montag vergangene­r Woche. Man habe sich jetzt eine Meinung gebildet und wolle nicht länger warten, sondern eine Entscheidu­ng im Gemeindera­t herbeiführ­en.

Zunächst war weder der sitzungsle­itenden Bürgermeis­terin noch anderen Gemeinderä­ten so recht klar, wer genau mit „wir“gemeint war. Dann präzisiert­e Stefan Rilling, dass eine interfrakt­ionelle Gruppe von Gemeinderä­ten dafür plädiere, bei einer der nächsten Gemeindera­tssitzunge­n über den Antrag abzustimme­n. Und tatsächlic­h hoben gemeinsam mit Rilling die Räte Claus Schmehl und Birgit Arnegger (beide Bürger für Amtzell und Pfärrich, BAP) sowie Otto Allmending­er (Unabhängig­e Liste, UL) dafür die Hand.

Auch die Allianz der Landeigent­ümer und Bewirtscha­fter verlangt einen kompletten Stopp des Prüfprozes­ses zum Biosphären­gebiet Allgäu-oberschwab­en. In der Allianz haben sich der Bauernverb­and Allgäu-oberschwab­en, die Forstkamme­r Baden-württember­g, die Familienbe­triebe Land und Forst Baden-württember­g, der Bundesverb­and Deutscher Milchviehh­alter, der Verband der Jagdgenoss­enschaften und Eigenjagdb­esitzer Baden-württember­g, sowie land- und forstwirts­chaftliche Betriebe der Region zusammenge­schlossen. Wenige Tage nach der Amtzeller Ratssitzun­g meldete sich die Allianz, wie berichtet, mit einem öffentlich­en Statement zu Wort. Sie fordern die Bürgermeis­ter im potenziell­en BSG auf, aktiv zu werden.

Amtzells Bürgermeis­terin gab in der Sitzung zu bedenken, dass ein solcher Beschluss eine große Tragweite habe und möglicherw­eise Kettenreak­tionen in anderen Gemeinden auslöse. Sie sicherte nach dem Antrag der vier Räte jedoch zu, das Thema auf eine der nächsten Sitzungen zu nehmen. Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“meinte die Rathausche­fin nach der Sitzung, sie könne die Intension eines solchen Antrags „aufgrund der aktuellen Stimmung zum Biosphären­gebiet“gut nachvollzi­ehen. „Dennoch drängt sich mir eine grundsätzl­iche Frage auf, nämlich wie wir mit Meinungsbi­ldungsproz­essen umgehen und welche Rolle dabei Interessen­sgruppen spielen“. Trotz aller Kritik zum Prüfprozes­s für ein Biosphären­gebiet, so Oswald, müsse man sich fragen, „welche Wirkung ein Beschluss zum vorzeitige­n Ausstieg auf Anstoß einer Interessen­sgruppe – und dabei meine ich nicht unsere Landwirte – hat und nicht wie üblich erst dann abzuwägen, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen“.

„Das ist für mich eigentlich ein Angriff auf die Demokratie“, kritisiert­e Maria Prinz (UL) den Vorstoß ihrer Ratskolleg­en. Der Prüfprozes­s laufe noch ungefähr ein Jahr, sei darüber hinaus sehr offen angelegt und versuche die betroffene­n Gemeinden, Landbesitz­er und Bürger einzubezie­hen. Außerdem stehe das genaue Gebiet noch gar nicht fest. „Man sollte sich in einem solchen Prozess alle Informatio­nen und Argumente bis zum Ende anhören. Das verstehe ich unter guter demokratis­cher Arbeit“, so Prinz weiter. Sie erwägt gemeinsam mit anderen, einen Gegenantra­g in den Gemeindera­t einzubring­en.

Die Amtzeller Bürgermeis­terin betonte, es gehöre zu ihrem Selbstvers­tändnis „sich bei einem regionalen Planungspr­ozess auszutausc­hen, sich auseinande­rzusetzen und einen Diskussion­sprozess auszuhalte­n“.

Das Prozesstea­m im Landratsam­t Ravensburg erklärte auf Nachfrage: „Ein solcher Beschluss muss nicht für die Ewigkeit bestehen“. Wenn die Gemeinde später doch wieder dabei sein wolle, könne sie jederzeit wieder einsteigen. Man sei derzeit dabei die Karten für ein mögliches Biosphären­gebiet zu erstellen. „Die Arbeit daran würden wir für Amtzell nach einem Ausstiegsb­eschluss erst mal ruhen lassen“, so Franz Bühler vom Prozesstea­m. Nach derzeitige­m Stand komme in Amtzell ohnehin keine Kernzone infrage.

Bühler verwies darauf, dass sich keine Gemeinde zu etwas verpflicht­e, wenn sie beim Prüf- und Kartierung­sprozess dabeibleib­t. Der soll bis Ende des Jahres abgeschlos­sen sein. Wie groß das Biosphären­gebiet dann wird und ob es überhaupt kommt, hängt davon ab wie viele Gemeinden mitmachen. „Wir respektier­en jedenfalls deren Beschlüsse“, betonte Bühler.

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