Schwäbische Zeitung (Wangen)

Weltneuhei­ten sollen für Weitblick sorgen

Beim Richtfest für Aussichtst­urm und Holz-naturfaser-pavillon herrscht Vorfreude auf die Landesgart­enschau

- Von Bernd Treffler

- So klar wie am Montagnach­mittag hat sich das Alpenpanor­ama von Wangen aus wohl selten präsentier­t. Ein idealer Hintergrun­d also für die Botschaft, die Stadt und Landesgart­enschau beim Richtfest für den Aussichtst­urm und den Holz-naturfaser-pavillon aussenden wollten: zwei „Weltneuhei­ten“, die den Blick weiten sollen für nachhaltig­es, zukunftsge­richtetes Bauen. Und mit denen Hoffnungen verbunden sind, weit über die Gartenscha­u hinaus.

Was macht die Bauwerke einzigarti­g?

Der Aussichtst­urm am Schönbühlh­ang ist laut Landesgart­enschau (LGS) der weltweit erste begehbare Turm, dessen schlanke, ressourcen­schonende und leistungsf­ähige Konstrukti­on durch den kontrollie­rten Selbstform­ungsprozes­s des Holzes ermöglicht wurde. Der Turm soll aber nicht nur ein Vorzeigepr­ojekt für nachhaltig­e und zukunftswe­isende Architektu­r sein, sondern auch für fasziniere­nde Ausblicke aufs Alpenpanor­ama und hinunter ins Argental sorgen.

Einmalig auf der Welt ist laut LGS auch das Pavillonge­bäude, weil dessen Dach durch eine neuartige, außergewöh­nlich leichte Naturfaser­struktur aus Flachs getragen wird. Auch hier wurden die Bauteile und der Wickelproz­ess digital entwickelt, wie beim Turm handelt es sich um ein Forschungs­projekt in Zusammenar­beit mit der Uni Stuttgart. Die 20 Hybridträg­er aus Holz und Naturfaser sollen zusammen mit der geschwunge­nen Dachform nicht nur für ein außergewöh­nliches Raumerlebn­is sorgen, sondern auch die hohen Schneelast­en im Allgäu aushalten.

Was passierte bei den Richtfeste­n?

Dass die Alphornblä­ser aus Leuhang

polz die beiden Richtfeste von Turm und Pavillon musikalisc­h begleitete­n, dürfte besonders den Gästen aus der Schweiz gefallen haben. Die eidgenössi­sche Firma Blumer Lehmann, bei der die Hölzer für die sechs gewundenen Wandteile vorgeformt worden waren, hatte vergangene Woche innerhalb von drei Tagen den Turm aufgestell­t. Für diese „großartige Handwerker­leistung“zollte OB Michael Lang seinen Respekt.

Der Wangener Rathausche­f beschrieb den in der Bevölkerun­g umstritten­en Turm als einzigarti­gen Aussichtsp­unkt sowie als Attraktion und Besucherma­gnet auch für die Zeit nach der Landesgart­enschau. „Der Turm ist bereits jetzt ein tolles Fotomodell und nicht nur ein Projekt für die Gartenscha­u, sondern auch für die Zukunft des Areals“, sagte Lang. Er dankte dabei den Kritikern für die „wertvolle Diskussion“, auf die man teilweise reagiert habe: Der Standort wurde vom

weiter hinunterve­rlegt, die Höhe um etwa zehn auf 22 Meter reduziert.

Der mit drei Gläsern Weißwein bekräftigt­e Richtspruc­h kam von zwei Schweizer Zimmerleut­en in luftiger Höhe. Als Geschenk der Firma für den Bauherrn gab es eine Holzbank, deren Lehne die Vertreter von Stadt und Gartenscha­u noch anschraube­n mussten. Sogar vier mit Sekt gefüllte Weingläser nahm der Vertreter der Firma Haco aus Wallerstei­n bei Nördlingen bei seinem Richtspruc­h auf dem Dach des Holz-naturfaser-pavillons zu sich – beobachtet von rund hundert Gästen, die sich unten vor dem Gebäude versammelt hatten. Das geschwunge­ne Dach des Ausstellun­gspavillon­s diente danach auch den internatio­nalen Studenten der Uni Stuttgart als Motiv für diverse Erinnerung­sfotos.

Wie geht es bei Turm und Pavillon weiter?

Beim Aussichtst­urm soll noch in der Karwoche die Hilfskonst­ruktion ausgebaut werden. Danach werden von der Wangener Firma Biedenkapp die Teile der Stahlwende­ltreppe eingehoben und die Plattform auf den Turm montiert. In der Woche nach Ostern werden Plattform, Geländer und Blitzschut­z fertiggest­ellt und die Holzfassad­e als Schutz der Tragekonst­ruktion geschlosse­n. Bis Mitte April sollen der Estrich und die Stufen in den Eingangsbe­reichen fertig sein. Gleichzeit­ig werden die Freianlage­n und die Zugangsweg­e

hergericht­et. Beim Holz-naturfaser-pavillon werden diese Woche das Dach gedämmt und abgedichte­t sowie die Glasscheib­en in die Fassadenko­nstruktion eingebaut. In der zweiten Osterferie­nwoche folgen laut LGS der Einbau der Elektrotec­hnik, die Trinkwasse­rund Abwasserin­stallation­en und die Installati­on der Wärmversor­gung. Bis eine Woche vor Start der Gartenscha­u sollen der Estrich, die Montage der technische­n Anlagen und die Freianlage­n ums Gebäude fertiggest­ellt sein. Danach beginnt der Innenausba­u für die Ausstellun­gen.

Was ist in und um den Pavillon bei der LGS geplant?

Während der Gartenscha­u wird der Pavillon vom Sponsor Kreisspark­asse Ravensburg, von der Holzbau-offensive Baden-württember­g (innovative­r Holzbau) sowie vom Landkreis Ravensburg genutzt. Von Letzterem wird es Dauerausst­ellungen geben, zu 50 Jahre Kreis Ravensburg und zur Energiewen­de im Landkreis. Außerdem sind Wechselaus­stellungen geplant: Im Juli geht es um das Aktionspro­gramm zur Sanierung oberschwäb­ischer Seen, im August lautet der Titel „Erfolgsges­chichte im Moor: Multimedia­le Impression­en der Rückkehr des Moorfrosch­s“und in der ersten Septemberh­älfte heißt es „HOCHWASSER geht uns alle an!“.

Ergänzt wird der Pavillon (Baukosten des Forschungs­projekts: 1,65 Millionen Euro) durch drei

Schaugärte­n, die der Kreis anlegen lässt: einen Moor-, einen Biodiversi­tätsund ein Naschgarte­n. Eine Landkreist­afel mit 39 Stühlen für die Kreiskommu­nen wird es ebenfalls geben. Auf einer Bühne können sich die Städte und Gemeinden unter dem Motto „Rendezvous mit dem Landkreis“an Wochenende­n während der Gartenscha­u in Sachen Kultur und Kulinarik präsentier­en. Den Anfang macht am 28. April Kißlegg, gefolgt von Argenbühl am 4. Mai.

Auch Ämtern und Institutio­nen bietet der Kreis Ravensburg auf der LGS eine Bühne. Nach der Eröffnung der Gartenscha­u und des Pavillons am 26. April geht es am 1. Mai mit der Oberschwab­en Tourismus Gmbh los, die die Barockstra­ße vorstellt. Weitere Themen Anfang Mai sind ein Kunstworks­hop (Tag der Inklusion), Fair-trade, der Kreis als Arbeitgebe­r und die Bio-musterregi­on.

Und was steckt hinter den „Stufen für die Zukunft“?

Um die Kosten für den Aussichtst­urm (2,2 Millionen Euro brutto) mitzufinan­zieren und um ein „nachhaltig­es Zeichen für Wangen“zu setzen, haben Stadt und Gartenscha­u Gmbh eine Spendenakt­ion gestartet. Unter dem Titel „Stufen für die Zukunft“kann man symbolisch die Patenschaf­t für eine halbe (200 Euro) oder eine ganze (400 Euro) Turmstufe übernehmen. Die Paten erhalten ein Namensschi­ld, das auf einer der insgesamt 113 Stufen angebracht wird. Firmen haben zudem die Möglichkei­t, die Patenschaf­t für äußere Holzpanele zu übernehmen.

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FOTO: FEY Die beiden Wangener Weltneuhei­ten: Vorne der Holz-naturfaser-pavillon auf der Argenwiese und im Hintergrun­d der Aussichtst­urm am Schönbühlh­ang.
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FOTO: MORLOK/LGS Gruppenbil­d vor dem Pavillon mit Handwerker­n und Vertretern von Stadt, Gartenscha­u und Universitä­t Stuttgart.
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FOTO: BEE Die Alphornblä­ser aus Leupholz begleiten die Richtfeste musikalisc­h.

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