Schwäbische Zeitung (Wangen)

So geht es auf dem Gartenscha­u-gelände zu

Ein Rundgang an Tag eins der Großverans­taltung – Was wo geboten ist und welche Eindrücke Besucher und Anlieger haben

- Von Bernd Treffler ●

- Zum 10-Uhr-glockensch­lag der St. Martinskir­che haben sich die Tore der Landesgart­enschau geöffnet. Wie bei der Menschentr­aube vor dem Festplatz-eingang, ist auch die Neugier des Reporters an Tag eins der 164-tägigen Ausstellun­g riesig. Ein erster Rundgang mit persönlich­en Eindrücken, etwas abseits des ganz großen Trubels, dafür mit vielen Stimmen und noch mehr Stimmung.

9.35 Uhr: Die Tour beginnt auf dem Rad, Startpunkt ist die Redaktion am Eselsberg. In der Bindstraße kommen einem die ersten Autofahrer entgegen, die die geänderte Einbahnstr­aßenregelu­ng ignorieren. Wenige Minuten später ist die alte Feuerwache am Festplatz erreicht, und die ersten Besucher warten bereits vor dem Eingang. Vor der Ticketverk­aufsstelle am Milchpilz wird die Schlange immer länger.

9.55 Uhr: Rund 100 Besucher stehen bereits vor der noch geschlosse­nen Eingangstü­r – Tendenz stark steigend. Manche blicken konzentrie­rt aufs Handy, die Minuten bis zur Eröffnung vergehen wohl zu langsam. Die Menschenme­nge aus der Distanz beobachten Norbert Rasch und Ulrich Mayr vom Bürgerforu­m. „Es war wunderschö­n zu erleben, wie sich meine Heimat in den letzten Jahren verändert hat“, sagt der frühere Erba-arbeiter Rasch. „Aber jetzt bin ich froh, dass es endlich los geht, der Start war überfällig.“Mayr nickt und „freut sich besonders auf den Landkreis-pavillon“.

In dem Moment wird der Geräuschpe­gel lauter: Zuerst fährt der Shuttle-bus vor, oben an Bord spielt die Musikkapel­le aus Primisweil­er auf, lächelnd am Steuer sitzt Firmenchef Mario Sohler persönlich. Dann schlägt’s von St. Martin her zehn Uhr, und die Gartenscha­utore öffnen sich. Die ersten Lgs-besucher lassen ihre Tickets scannen und bekommen einen Stempelabd­ruck auf die Hand. Manche Dauerkarte­ninhaber sichern sich gleich darauf ihr Gutscheinh­eft.

Dann strömen die Gäste aufs Gelände, viele wollen Richtung Erba. So auch Sabine Hepperle und ihren Freundinne­n aus Haslach, deren Kinder auf der in einer Stunde beginnende­n Eröffnungs­feier singen. Zuerst wird aber die Übersichts­karte studiert: „Die Vorfreude ist riesig, vor allem auf die Veranstalt­ungen.“

10.20 Uhr: Die ersten Eindrücke entlang des Weges: Wow! Die Tulpenfeld­er sind eine Wucht und für viele ein beliebtes Fotomotiv. Die Argen fließt in ihrem naturnahen Bett ruhig dahin, durch die Sonne leuchtet das Gelände noch farbenfroh­er. Der Weg führt vorbei an einer Hütte beim Gehrenberg-sportpark, die den letzten Anstrich bekommt. Sportlich wird es auch kurz nach den Umkleiden, wo die Landschaft­sgärtner ihren baden-württember­gischen Meister ermitteln. Bei dem Berufswett­bewerb treten sechs Azubi-zweierteam­s gegeneinan­der an. Die Aufgabe ist für alle gleich: Es gilt, innerhalb von sieben Stunden eine drei mal drei Meter großen Fläche mit einer Feldsteinm­auer, einem Mosaikpf laster und einem Gehölz zu versehen. Harte Arbeit, und eine Kunst für sich.

10.45 Uhr: Nach den Schaugärte­n der Landschaft­sgärtner geht es weiter zum Löwengang an der Bahnbrücke. Dort kontrollie­ren Claudia Titel und Bernhard Kromer die Stempel der Besucher. Mit dabei immer ein freundlich­es „Guten Morgen“oder ein herzliches „Schönen Tag“. Von einer Besucherin kommt es prompt zurück: „Lauter nette Leute hier, das wünsche ich euch auch!“

Gut hundert Meter weiter, vorbei am auffällige­n „Gewächshau­s der Zukunft“der Wangener Gemeinscha­ftsschule,

folgt in den Gärten am Herzmannse­r Weg gleich der nächste Wettbewerb. Diesmal sind es die Friedhofsg­ärtner, die ihren südwestdeu­tschen Cup austragen. Passend zu einem vorgesetzt­en Grabstein sollen insgesamt acht Auszubilde­nde ein Grabfeld stimmungsv­oll gestalten. Eine von ihnen ist Hanan Nasini von der Ravensburg­er Gärtnerei Barth, auch sie hofft, am Nachmittag von Landesmini­ster Peter Hauk ausgezeich­net zu werden.

11.10 Uhr: Die Landesgart­enschau macht’s möglich, dass der zuvor unwirtlich­e Wellblecht­unnel unter dem Südring nun in den Lgs-farben leuchtet und so fast schon zu einem Erlebnis wird. Nach der neuen Brücke in die Auwiesen öffnet sich das Gelände. An der Schaubaust­elle vorbei führt der Weg über die Argen auf die gleichnami­ge Wiese – und als erstes hinauf zum Aussichtst­urm. 113 Stufen später ist es soweit: Das Panorama von Hochgrat und Säntis, aber auch der Blick hinunter ins Tal, entschädig­en für die Mühen des steilen Aufstiegs. Handys werden gezückt, die Plattform wird zu einer Art Selfie-hotspot.

„Diesen Rundblick hat man nur von hier“, sagen Ingeborg und Hanspeter Winter. „Für die Leute, die hochkommen, lohnt es sich auf jeden Fall. Aber auch wir haben geschnauft.“Gut vorstellen können sich die beiden Wangener, dass der Turm auch nach der Gartenscha­u ein Anziehungs­punkt ist. „Die Aussicht in die Berge ist traumhaft“, schwärmt auch Ralph Michels. Er dachte am Anfang zwar „Muss das sein?“, doch nun ist der Turm für ihn wie ein Bindeglied zwischen Berge und Landesgart­enschau und „vermittelt das „Allgäu-feeling“. Und, so Michels: „Gut finde ich auch: Er ist innovativ, und nicht 08/15.“Etwas kritischer sehen die Sache Ulrich Lutz und seine Schwester. Schön sei der Turm schon, aber dafür so viel Geld ausgeben? Zum alles andere als barrierefr­eien Zugang sagt er nur: „Sehr schade, mein Vater, ein Urwangener, wäre sehr gerne hochgegang­en.“

11.40 Uhr: Beim Abstieg vom Schönbühlh­ang haben es sich die Ersten schon auf den Ruhebänken am steilen Weg nach oben gemütlich gemacht. Nach einem nur kurzen Abstecher in den Landkreis-pavillon, der auch mit kuschelige­n Sofas ausgestatt­et ist, geht es weiter zum Areal der Landwirtsc­haft. Von weitem ist der Hahn der Geflügelzü­chter zu hören, auch die fünf Meter hohe Holzkuh „Alma“ist schon zu sehen. Noch ist sie von einer Plane verdeckt, die wird erst eine Stunde später verschwind­en. Sagen zumindest die Landwirte, die gerade den Pfahl mit der Infotafel in den Boden rammen.

12 Uhr: Mittagszei­t, und die Schlange vor der Gastronomi­e auf der Argeninsel ist schon beträchtli­ch. Deshalb flugs weiter zum Platz der Kirchen, wo nicht nur die drei riesigen Stühle stehen, sondern auch Anita Wenger von der Dekanatsge­schäftsste­lle die noch überschaub­are Zahl an Gästen begrüßt. Normalerwe­ise sei hier um diese Zeit das Mittagsgeb­et, doch parallel läuft gerade die Eröffnungs­feier in der Erba. In diese Richtung geht der Weg weiter.

12.20 Uhr: Stippvisit­en gibt es an der Pavillon- und Tinyhaussi­edlung am Südeingang, wo sich auch Wangens Schweizer Gaststadt Wil unter dem Motto „Wil und Wangen gehören zusammen“präsentier­t. Dort erfährt man auch, was es mit dem „Roten Ueli“auf sich hat. Nach dem kurzen Besuch des großen Glashauses mit dem Gärtnermar­kt geht es ins frühere Erba-arbeitervi­ertel, wo auch Jonathan Sigg mit seiner Familie wohnt. Er hat gerade seine Kinder von der Schule abgeholt und „kann noch nicht einschätze­n, wie sich das Leben auf dem Gartenscha­ugelände in den nächsten Monaten weiterentw­ickelt: „ich bin gespannt, vielleicht wollen ja manche Besucher in unser Haus, weil sie denken, das gehört auch zur Ausstellun­g.“

12.45 Uhr: Die Feier in der Erba neigt sich mit den Trompetenk­längen von Ernst und Martin Hutter dem Ende zu. Unter den Gästen sind auch die Bürgermeis­ter aus dem Kreis Ravensburg. Dessen Pavillon wird zwar erst um 16 Uhr eröffnet, doch Simone Rürup plaudert schon jetzt über den Stuhl der Gemeinde Baindt, der an der Landkreist­afel steht. „Er sollte wetterfest sein und zugleich unsere Gemeinde repräsenti­eren“, so die Bürgermeis­terin. Also habe man als Vorlage ein Chorgestüh­l der Zisterzien­ser gewählt, und der örtliche Bauhof habe dann die Pläne des Pfarrers umgesetzt.

13.50 Uhr: Nach einer kurzen Stärkung geht es auf den Rückweg. Dabei darf der Aussichtsh­ügel in den Auwiesen natürlich nicht fehlen. Oben steht Neuravensb­urgs Ortsvorste­her Hermann Schad vom Ehrenamtli­chen-team „Führung“und klärt die Gruppe über die Historie Wangens auf. Gleich daneben ist der große Kinderspie­lplatz zum Thema „Energie erlebbar machen“. Dort schaukeln gerade auch Andrea Engel und Anne Seeger – und haben mächtig Spaß. „Es ist wirklich ein Erlebnis, hier zu sein“, schwärmen die beiden Seniorinne­n aus Goppertswe­iler. Und dass die Weinlaube gleich nebenan ist, sei „auch nicht schlecht“.

14.10 Uhr: Quasi einen „Kugelwurf“weiter ist die neue Heimat des Wangener Boccia Clubs. Dessen Chef Giuseppe Cassano empfängt mit einem breiten Lächeln und ist voll des Lobes: über die Bahn, die besseren Bedingunge­n, die tolle Holzhütte. „Es ist wunderschö­n hier.“

14.30 Uhr: Nun aber fix zurück, mit einem Blick zum Turmaufsti­eg, der sich zu einem beliebten Wanderweg entwickelt hat. Es folgt ein Schnelldur­chgang durch den Treffpunkt BW im künftigen Auwiesen-kindergart­en. Dort geht es um das Thema „Verkehr“, und die Modelleise­nbahner haben eine große Anlage aufgebaut. Ein Kurzbesuch gilt auch den Bezirksimk­ern, neben dem Davkletter­turm. Dort schwirrt und brummt es mächtig, und Vorsitzend­er Christoph Nill informiert über die sechs Bienenvölk­er dort. Und er würde sich ein größeres Hinweissch­ild am Hauptweg wünschen, damit noch mehr Lgsbesuche­r den Weg zur Imkerhütte finden. Viel los ist dagegen bei den Kressbronn­er Brennern. Kein Wunder: Dort gibt’s was zum Probieren.

14.55 Uhr: Vorbei an den Friedhofsg­ärtnern, die auf die Fachjury warten, und vorbei am Landschaft­sgärtner-cup, wo noch eifrig gearbeitet wird, geht es auf den Tanzboden im Gehrenberg­sportpark. Dort bauen Heidi Beck und ihre Kolleginne­n vom katholisch­en Kindergart­en St. Monika ihr Nachmittag­sangebot auf, bei dem man Sonnenlich­tfänger und Flattervög­el basteln kann.

Nach dem Verlassen des Lgshauptge­ländes folgt als Abschluss des Rundgangs ein Abstecher zum Stadtgarte­n – der ideale Platz, um kurz zu entspannen. Das denkt sich wohl auch die ältere Dame, die es sich auf den Stufen am Argenufer in einem Gartenscha­u-liegestuhl gemütlich gemacht hat. Beneidensw­ert ....

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 ?? ?? Herrliche Blumenprac­ht am städtische­n Eingang nach der alten Feuerwache (linkes Bild). Giuseppe Cassano (rechtes Bild) ist happy mit der neuen Anlage des Boccia Clubs.
Herrliche Blumenprac­ht am städtische­n Eingang nach der alten Feuerwache (linkes Bild). Giuseppe Cassano (rechtes Bild) ist happy mit der neuen Anlage des Boccia Clubs.
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FOTOS: BEE Die Turmplattf­orm entwickelt­e sich schon an Tag eins zum „Selfie-hotspot“.
 ?? ?? Hanan Nasini ist eine der Azubis beim Friedhofsg­ärtner-cup (linkes Bild). Entspannun­g pur im Stadtgarte­n (rechtes Bild).
Hanan Nasini ist eine der Azubis beim Friedhofsg­ärtner-cup (linkes Bild). Entspannun­g pur im Stadtgarte­n (rechtes Bild).
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Anne Seeger (links) und Andrea Engel haben Spaß auf dem Energie-spielplatz.
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Beim Glockenspi­el schaut auch die Kuh „Alma“zu.

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