Firma Töpfer steckt in Turbulenzen
Babynahrungshersteller aus Dietmannsried soll in Eigenverwaltung saniert werden
- Das Allgäuer Traditionsunternehmen Töpfer steckt in wirtschaftlichen Turbulenzen und soll in den nächsten Monaten einen grundlegenden Sanierungsprozess durchlaufen. Das Amtsgericht Kempten hat am Mittwoch auf Antrag der Geschäftsführung ein vorläufiges Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angeordnet.
Der Betrieb bei dem seit 1923 in Dietmannsried ansässigen Hersteller von Bio-säuglingsnahrung und Babypf lege sei davon aber nicht berührt, heißt es von der Unternehmensführung. „Unser Geschäftsbetrieb läuft fort. Wir haben bereits Gespräche mit unseren Kunden und Geschäftspartnern geführt, die die Betriebsfortführung unterstützen“, sagt Geschäftsführerin Susanna Gabler.
Die Töpfer Gmbh zählt rund 170 Beschäftigte und erzielte 2023 einen Umsatz von etwa 46 Millionen Euro. International bekannt ist das Familienunternehmen,
das jährlich über eine Million Kilo heimische Biomilch verarbeitet, vor allem durch die Herstellung von Säuglings- und Spezialnahrung. Sie macht den Löwenanteil der Produktpalette aus.
Zertifizierte Naturkosmetik und Pflegeprodukte für Babys und Mütter sind ein weiteres Standbein. Ein Klassiker von Töpfer Babywelt ist das Kinder-kleiebad, das seit 1936 auf dem Markt ist. Die Säuglingsmilch Lactana gibt es seit 1948.
Das Unternehmen war laut Firmenkennern infolge der Coronakrise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Kostensteigerungen, Umsatzrückgänge und zuletzt der Angriffskrieg auf die Ukraine hätten die Probleme verstärkt: Russland brach als Absatzmarkt weg, auch das wichtige Geschäft mit China habe sich seit Ausbruch der Pandemie drastisch reduziert. In Deutschland ist die Töpfer Gmbh mit ihren Produkten vorrangig im Süden präsent. Über die Hälfte der hergestellten
Baby- und Spezialnahrung produziert das Unternehmen als Eigenmarke großer Drogerieketten.
2017 hatte Töpfer noch vier Millionen Euro in neue Labore und Lagertanks investiert. In Hochzeiten zählte das 1911 in Sachsen gegründete Unternehmen 180 Mitarbeiter. Die nur in begrenzter Menge zur Verfügung
stehende Biomilch, die fast ausschließlich von Allgäuer Bauern stammt, hatte die Produktionsmenge limitiert. Erklärtes Ziel war daher stets ein „homogenes Wachstum“des familiengeprägten Unternehmens.
Laut Firmenkennern hatte die Töpfer Gmbh in der Vergangenheit stark auf den klassischen
Handel gesetzt, der Online-vertrieb der international geschätzten Qualitätsprodukte habe keine herausgehobene Rolle gespielt. Die Beschäftigten wurden bei einer Betriebsversammlung über die aktuelle Lage informiert. Deren Gehälter sind über das Insolvenzgeld für die nächsten drei Monate gesichert. Welche Auswirkungen die Umstrukturierung auf die Mitarbeiterzahl haben wird, blieb am Mittwoch offen.
Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung steht nicht die Auf lösung einer Firma mit finanziellen Problemen im Vordergrund, sondern deren Sanierung. Ziel sei eine Neuaufstellung im Rahmen einer Investorenlösung, heißt es bei den Verantwortlichen. Daher solle zeitnah die Suche nach einem finanzstarken Partner beginnen. Der Betrieb laufe derweil in vollem Umfang weiter. Das Amtsgericht Kempten hat Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Hörmann zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Die amtierenden Geschäftsführer
Susanna Gabler und Ulf Silbernagel werden den Sanierungsprozess umsetzen, unterstützt von einem Sanierungsteam der Pluta Rechtsanwalts Gmbh. Diese hat Ludwig Stern als Generalhandlungsbevollmächtigten entsandt.
Knapp die Hälfte der Unternehmensanteile hält bislang ein Stimmenpool, zudem sind die Gabler-saliterbank sowie die Familie Gabler beteiligt. Die Verantwortlichen sind sehr zuversichtlich, das Traditionsunternehmen durch die eigenverantwortliche Sanierung neu ausrichten und so in eine gute Zukunft führen zu können. Ziel dürfte es dabei laut Beobachtern sein, sich auf die absatzstärksten Produktlinien zu konzentrieren.
Man könne auf hervorragende und äußerst loyale Mitarbeiter zählen, heißt es bei der Unternehmensführung. Und noch etwas ist laut Bevollmächtigtem Stern ein wichtiger Pluspunkt: „Der Betrieb verfügt über großes Knowhow und eine moderne Produktion.“