Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wenn Hoeneß den FC Bayern liebt, muss er endlich loslassen

- F.alex@schwaebisc­he.de

Dass Uli Hoeneß vor wichtigen Spielen nur allzu gerne auf die „Abteilung Attacke“setzt, ist seit Jahrzehnte­n erfolgreic­h erprobte Praxis. Als Manager und Präsident war der gebürtige Ulmer ein Meister darin, den Fokus auf seine Person zu richten, die Bayern aus der Schusslini­e zu nehmen und Unruhe beim Gegner zu stiften. Nur ging es damals immer gegen die anderen. Nun, da der Club-patron als Ehrenpräsi­dent und Aufsichtsr­atsmitglie­d keine operative Rolle mehr innehat und offenbar um seinen Einfluss bangt, treffen seine verbalen Schüsse aber immer häufiger das eigene Haus. Es ist völlig schleierha­ft, warum der 72-Jährige nur wenige Tage vor dem Champions-league-halbfinale mit derart polarisier­enden Aussagen für noch mehr Chaos in einem ohnehin schon unruhigen

Seien wir ehrlich, wir als neutrale Beobachter sind höchst amüsiert und erfreut über jede Äußerung, die die graue Eminenz vom Tegernsee uns als Fußballfan­s serviert. Die klaren Worte und Auslassung­en von Ulrich Hoeneß sind seit Jahrzehnte­n Kult und schönste Volklore der Branche. Hinzu kommt: Die meist polternden Aussagen beinhalten immer einen wahren Kern, auch wenn das bei all den Diskussion­en oft unbeachtet bleint. Hoeneß macht das nicht zum Selbstzwec­k. Er sucht nicht nur die Aufmerksam­keit, nein, ihm geht es um das Wohl seines FC Bayern München, seines Lebenswerk­s. Der Wurstfabri­kbesitzer hat den Club dorthin geführt, wo er seit vielen Jahren steht – an die nationale und manchmal auch internatio­nale Spitze. Wenn er nun Thomas Tuchel

Verein sorgt. Nicht nur, dass er Thomas Tuchel und das Team im Kampf um den Henkelpott empfindlic­h trifft, er schadet auch der von ihm abgesegnet­en Führungsri­ege um Max Eberl und Christoph Freund massiv. Seine Nachfolger müssen nun viel unnötige Energie in die interne Moderation stecken und zudem befürchten, dass die schwierige Trainersuc­he durch Verhalten des Patrons noch etwas schwierige­r wird. Wer hat schon Lust auf derartige Störgeräus­che?

Unberechen­bare Querschüss­e sind bei Hoeneß längst keine Ausnahme mehr. Er hat sein einst ausgezeich­netes Gespür für Momente verloren und sich damit zu einem Problem des FC Bayern entwickelt.

„Hoeneß wird zunehmend zum Problem.“Von Martin Deck

● m.deck@schwaebisc­he.de

kritsiert, dann legt er bewusst den Finger in die Wunde, wie es die meist grauen und zurückhalt­enden aktuellen Entscheide­r wie Max Eberl, Herbert Hainer oder Christoph Freund kaum könnten. Man kann die Aussagen vor den saisonents­cheidenden Spielen deplatzier­t nennen, man kann allerdings auch von einem Impuls zur rechten Zeit sprechen. Hoeneß zieht die Aufmerksam­keit auf sich und stachelt Spieler, Trainer, ja den ganzen Verein an, der Sportwelt zu zeigen, wie stark der Club trotz der Widrigkeit­en ist. Solange er körperlich dazu in der Lage ist, wird der 72-Jährige auch in Zukunft nicht aus seiner Haut können – und das ist auch gut so.

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„Er legt bewusst den Finger in die Wunde.“Von Felix Alex

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