Wenn Hoeneß den FC Bayern liebt, muss er endlich loslassen
Dass Uli Hoeneß vor wichtigen Spielen nur allzu gerne auf die „Abteilung Attacke“setzt, ist seit Jahrzehnten erfolgreich erprobte Praxis. Als Manager und Präsident war der gebürtige Ulmer ein Meister darin, den Fokus auf seine Person zu richten, die Bayern aus der Schusslinie zu nehmen und Unruhe beim Gegner zu stiften. Nur ging es damals immer gegen die anderen. Nun, da der Club-patron als Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied keine operative Rolle mehr innehat und offenbar um seinen Einfluss bangt, treffen seine verbalen Schüsse aber immer häufiger das eigene Haus. Es ist völlig schleierhaft, warum der 72-Jährige nur wenige Tage vor dem Champions-league-halbfinale mit derart polarisierenden Aussagen für noch mehr Chaos in einem ohnehin schon unruhigen
Seien wir ehrlich, wir als neutrale Beobachter sind höchst amüsiert und erfreut über jede Äußerung, die die graue Eminenz vom Tegernsee uns als Fußballfans serviert. Die klaren Worte und Auslassungen von Ulrich Hoeneß sind seit Jahrzehnten Kult und schönste Volklore der Branche. Hinzu kommt: Die meist polternden Aussagen beinhalten immer einen wahren Kern, auch wenn das bei all den Diskussionen oft unbeachtet bleint. Hoeneß macht das nicht zum Selbstzweck. Er sucht nicht nur die Aufmerksamkeit, nein, ihm geht es um das Wohl seines FC Bayern München, seines Lebenswerks. Der Wurstfabrikbesitzer hat den Club dorthin geführt, wo er seit vielen Jahren steht – an die nationale und manchmal auch internationale Spitze. Wenn er nun Thomas Tuchel
Verein sorgt. Nicht nur, dass er Thomas Tuchel und das Team im Kampf um den Henkelpott empfindlich trifft, er schadet auch der von ihm abgesegneten Führungsriege um Max Eberl und Christoph Freund massiv. Seine Nachfolger müssen nun viel unnötige Energie in die interne Moderation stecken und zudem befürchten, dass die schwierige Trainersuche durch Verhalten des Patrons noch etwas schwieriger wird. Wer hat schon Lust auf derartige Störgeräusche?
Unberechenbare Querschüsse sind bei Hoeneß längst keine Ausnahme mehr. Er hat sein einst ausgezeichnetes Gespür für Momente verloren und sich damit zu einem Problem des FC Bayern entwickelt.
„Hoeneß wird zunehmend zum Problem.“Von Martin Deck
● m.deck@schwaebische.de
kritsiert, dann legt er bewusst den Finger in die Wunde, wie es die meist grauen und zurückhaltenden aktuellen Entscheider wie Max Eberl, Herbert Hainer oder Christoph Freund kaum könnten. Man kann die Aussagen vor den saisonentscheidenden Spielen deplatziert nennen, man kann allerdings auch von einem Impuls zur rechten Zeit sprechen. Hoeneß zieht die Aufmerksamkeit auf sich und stachelt Spieler, Trainer, ja den ganzen Verein an, der Sportwelt zu zeigen, wie stark der Club trotz der Widrigkeiten ist. Solange er körperlich dazu in der Lage ist, wird der 72-Jährige auch in Zukunft nicht aus seiner Haut können – und das ist auch gut so.
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„Er legt bewusst den Finger in die Wunde.“Von Felix Alex