Der Patron zündet das Störfeuer
Zwist zwischen Thomas Tuchel und Uli Hoeneß stört Münchner Hausfrieden empfindlich
- Ja, es wurde tatsächlich Fußball gespielt am Samstag in der Allianz Arena. Der FC Bayern München besiegte Eintracht Frankfurt etwas glücklich, und zwar durch einen von Harry Kane verwandelten Elfmeter mit 2:1 – unterm Strich dennoch verdient. Reine Nebensache.
Das Spektakel, mal wieder hausgemacht beim FC Hollywood, erreichte bereits vor Spielbeginn seinen Höhepunkt. Denn so drastisch und mutig hat sich noch nie ein Trainer der Münchner gegenüber Vereinspatron und Ehrenpräsident Uli Hoeneß zur Wehr gesetzt. Im Interview bei Sky nannte Thomas Tuchel die Aussagen von Hoeneß bei einer Faz-veranstaltung am Freitag „haltlos“und „meilenweit von der Realität entfernt“. Tuchel betonte offen und ehrlich, er fühle sich von Hoeneß „in seiner Trainer-ehre verletzt“. Einerseits kann Tuchel, dessen Vertragsende inmitten der Februar-krise um ein Jahr auf das nahende Saisonende verkürzt wurde, nichts mehr verlieren. Weil der scheidende Chefcoach seine Mannschaft ins Championsleague-halbfinale gegen Real Madrid geführt hat, das am Dienstag mit dem Hinspiel beginnt, behielt er gerade noch die Contenance. Sarkastisch sagte ein durch zig Querelen in seiner erst 13-monatigen Amtszeit zermürbter Tuchel: „Wenn ich das herunterschlucken muss, dann schlucke ich das auch noch runter.“Eine Aussprache mit Hoeneß? Nein, danke. Es habe ihn „gekränkt“, so Tuchel im ZDF.
Am Freitag hatte Hoeneß seine inhaltliche Attacke so begonnen: „Wir möchten einen Trainer haben, der die einzelnen Spieler verbessert. Das ist auch der Vorwurf !“Der 72-Jährige generös: „Ich habe mit Thomas Tuchel privat überhaupt kein Problem. Der war ein paarmal bei uns zum Essen, das waren schöne Abende, alles okay. Aber: Er hat eine andere Einstellung! Nicht, dass man den Pavlovic verbessern kann, dass man den Davies verbessern kann. Sondern: Wenn’s nicht weitergeht, dann kaufen wir!“Eine Anspielung
auf den dringenden Wunsch von Tuchel, einen Sechser zu kaufen. Im Sommer 2023 wollte er zunächst Declan Rice von West Ham (ging zu Arsenal), dann Joao Palhinha. Am letzten Tag der Transferperiode scheiterte der rund 50-Millionen-euroschwere Transfer des Portugiesen am Veto des abgebenden Vereins FC Fulham. Warum diese Attacke? Um den Rauswurf des zuletzt erfolgreichen und immer beliebteren Tuchel zu rechtfertigen?
Den Vorwurf, keine Talente zu entwickeln, konterte Tuchel scharf: „Wenn wir etwas nachgewiesen haben in den letzten 15 Jahren, dann dass wir Spieler aus der Akademie immer einen Platz bei uns haben, wenn sie ihre Leistung bringen. (…) Ich habe wenig Verständnis dafür.“Kurz vor Ende
von Tuchels Zeit in München ist das Tischtuch zu Hoeneß zerschnitten. Dabei war es der 50-Jährige, der als Nachfolger des im März 2023 entlassenen Julian Nagelsmann mehrmals Hoeneß umgarnt und beteuert hatte, er wolle sein „Bestes geben, um gut auf seinen Club aufzupassen“. Tuchel verlor nie ein kritisches Wort über Hoeneß, der seinem Verein einen Bärendienst erwiesen hat.
„Ich hätte auf diese Aussage überhaupt nicht reagiert, wenn sie nicht von Uli Hoeneß, unserem Boss, und vier Tage vor dem Real-spiel gekommen wäre. Es gibt jetzt keinen schlechteren Zeitpunkt für irgendwelche Nebenschauplätze“, sagte Tuchel, dessen Autorität damit massiv untergraben wurde. Was tief blicken lässt über die Machtstrukturen
beim entthronten Meister. Sportvorstand Max Eberl musste als Feuerlöscher auftreten, sagte: „Wir als Verein können das einschätzen, wir arbeiten damit. Zwei Männer haben etwas gesagt. Zwei Männer, die im Fußball Großes geleistet haben.“Es sei nun, so Eberl, „mein Job, die Sache zu beenden, die Wut auf Dienstag zu kanalisieren, die Energie an die Mannschaft zu bringen, Thomas zu unterstützen, und Uli zu sagen, dass alles läuft. Dann packen wir es am Dienstag.“
Wenn wieder Fußball gespielt wird in München. Gegen die Königlichen hat der ganz reale Bayern-zirkus kurz Pause. Ralf Rangnick, der aktuelle Favorit als Trainer zur neuen Saison, wird die Aussagen des Paten genau verfolgt haben.