Cettinas Welt
Die Kochbuchautorin, Fotografin und Künstlerin Cettina Vicenzino hat für uns ihre liebsten Gerichte zusammengestellt und weiß dazu auch noch eine passende Geschichte zu erzählen
Cettina verrät zwei Rezepte, die sie auf einer Reise durch ihre italienische Heimat kennenlernte
Als Massimo Bottura im Juni 2012 von der englischen Zeitung „The Independent“nach seinem Lieblingskochbuch gefragt wird, antwortet der in Modena geborene Sternekoch: „‚La Scienza in cucina e l’Arte di mangiar bene‘ („Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens“) von Pellegrino Artusi, obwohl ich noch nie ein Gericht daraus gekocht habe. Es wurde im Jahr 1891 veröffentlicht, und es war die erste Sammlung italienischer Rezepte. Veröffentlicht kurz nach der Einigung Italiens (1861), diente dieses Buch dazu, unser Land mehr zu einen als unsere Regierung dazu im Stande war. Ich besitze noch das zerfledderte Exemplar meiner Großmutter, die unter jedem ihrer Lieblingsrezepte Bleistiftnotizen hinterließ.“Die erste Ausgabe dieses berühmten Kochbuchs umfasst 475 Rezepte, mit einer Nummer als Rezepttitel. Die letzte überarbeitete Version wurde posthum im Jahr 1911 als die 15. Edition herausgebracht. Sie enthält 790 Rezepte.
Meine nächste Reise führt mich deshalb nach Forlimpopoli, dem Geburtsort von Pellegrino Artusi, der als Vater aller italienischen Kochbücher gilt. Um mehr über diesen besonderen Mann zu erfahren, der sich als Erster mit der wichtigsten Kultur der Italiener befasst hat, mache ich mich auf den Weg zur Casa Artusi im Zentrum von Forlimpopoli. Leila Tentoni, die Vizepräsidentin des Hauses, führt mich durch das große Gebäude und erzählt mir dabei viele spannende Anekdoten aus dem tragisch-traurigen und dennoch erfolgreichen Leben von Pellegrino Artusi.
Die Casa Artusi wurde im Juni 2007 als lebendiges Museum eröffnet. Man entschied sich für ein interaktives Museum und rekonstruierte zwei für Artusi wichtige Räume: Bibliothek und Küche. Daneben gibt es hier auch noch eine Koch
schule, in der die Rezepte des Buchs nachgekocht werden können, aber auch die Hausmannskost im Allgemeinen ausprobiert werden kann. Genau hier erwartet mich auch schon Carla Brigliadori, die Verantwortliche der Kochschule, die jedes der 790 durchnummerierten Rezepte aus Artusis Kochbuch ganz genau kennt. Sie erzählt mir viel über die Art, wie Artusi Rezepte aufschrieb, nämlich mehr erzählend und somit teilweise ohne genaue Angaben von Zutatenmengen oder Zubereitungsschritten. Für Kochbücher ungewöhnlich, aber diese Art des intuitiven Kochens entspricht mehr der italienischen Art zu kochen. Für mein Kochbuch hat Carla mir aber die Rezepte mit genauen Angaben aufgeschrieben. Zwei davon, nämlich Tagliatelle al ragù und Zuppa inlese, stelle ich Ihnen auf den nächsten Seiten vor.