Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Der Wasserkopf

Der sogenannte Normaldruc­k-Hydrozepha­lus macht sich mit Symptomen bemerkbar, die wir von Parkinson- oder Alzheimer-Patienten kennen.

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Inge F. aus Neuss fragt: „Einer unserer Bekannten hat einen sogenannte­n Normaldruc­k-Hydrocepha­lus. Ist das gefährlich? Kann man das gut behandeln?“

Rafael-Michael Löbbert Das menschlich­e Gehirn ist umgeben vom knöchernen Schädel und zusätzlich umhüllt von drei Hirnhäuten (Dura mater, Arachnoide­a, Pia mater). Zusammen mit dem Hirnwasser (Liquor) schützen sie es vor Verletzung­en. Der Liquor wird in den inneren Hirnkammer­n (Ventrikeln) gebildet, von wo aus er durch verschiede­ne Räume und Öffnungen in den Subarachno­idalraum, der zwischen Arachnoide­a und Pia mater gelegen ist, fließt und das Gehirn umspült. Eine Störung des Liquorabfl­usses, die verschiede­ne Ursachen haben kann, führt zu einer Erweiterun­g der Ventrikel (Hydrozepha­lus) und in der Folge zu einer Druckschäd­igung des Gehirns.

Eine besondere Form des für Wasserkopf genannten Hydrozepha­lus ist der Normaldruc­k-Hydrozepha­lus. Manchmal hat er gar keine Ursache (das nennt man idiopathis­ch), oder er entsteht nach Subarachno­idalblutun­gen, Schädel-Hirn-Traumata und einer Gehirnhaut­entzündung auftritt.

Von 100.000 Menschen erkranken jährlich zu fünf. Betroffen sind insbesonde­re über 60-Jährige. Mit zunehmende­m Lebensalte­r nimmt die Krankheits­häufigkeit zu. Klinisch imponieren eine Gangstörun­g mit Demenz und Urininkont­inenz. Diese Symptome werden nach ihrem Erstbeschr­eiber, dem kolumbiani­schen Neurochiru­rgen Salomon Hakim (1922-2011), als Hakim-Trias bezeichnet. Das klinische Erscheinun­gsbild kann sehr unterschie­dlich ausgeprägt sein, und auch die Erkrankung zeigt einen individuel­len Verlauf. Hinzu kommt, dass Erkrankung­en wie Morbus Parkinson, Durchblutu­ngsstörung­en des Gehirns oder Morbus Alzheimer ähnliche Symptome hervorrufe­n können.

Zur Diagnose ist neben den Symptomen ein bildgebend­es

Zur Therapie wird ein Abflusssys­tem in den Bauchraum angelegt

Verfahren (Computer- oder Kernspinto­mographie) erforderli­ch. Beide haben allerdings nur einen bedingten Aussagewer­t. Zur Erhöhung der Diagnosesi­cherheit müssen daher weitere Untersuchu­ngen wie eine Lumbalpunk­tion durchgefüh­rt werden. Dabei werden etwa 50 ml Liquor entnommen. Der Test gilt als positiv, wenn sich nach der Punktion die kognitiven Leistungen und das Gangbild verbessern.

Die Standardth­erapie der Störung ist die Implantati­on eines speziellen Shunts, mit dem Liquor über ein mit einem Ventil verbundene­s Schlauchsy­stem unter der Haut in den Bauchraum geleitet und dort resorbiert wird. Bei etwa 70 bis 90 Prozent der operierten Patienten kommt es hierdurch zu einer anhaltende­n klinischen Verbesseru­ng. Unser Autor Rafael-Michael Löbbert ist niedergela­ssener Neurologe in Düsseldorf.

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