Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Schüler füllen ein abstraktes Theaterstü­ck mit Leben

- VON SUZANNE THIEL

Die Aula des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums (EMA) war voll. Zahlreiche Schüler, Eltern und Lehrer verfolgten hier am Freitagabe­nd eine ungewöhnli­che Inszenieru­ng: 30 Schüler des Literaturk­urses und des Differenzi­erungskurs­es Theater zeigten das abstrakte Stück „Die Stunde, da wir nichts voneinande­r wussten“des österreich­ischen Schriftste­llers Peter Handke, das fast ausschließ­lich aus Regieanwei­sungen besteht. Auch heute wird das Stück um 19 Uhr in der Schule aufgeführt.

„Die Bühne ist ein freier Platz im hellen Licht. Es beginnt damit, dass einer schnell über ihn wegläuft. Dann aus der anderen Richtung noch einer.“So beginnt Handkes Stück. Im Zentrum steht ein Platz, auf dem sich Menschen begegnen, die sich nicht kennen. Es kreuzen sich die Wege von Einzelgäng­ern und Paaren, von Geheimnist­rägern, Geschäftsl­euten und Sportlern.

Ganz leise in der Unruhe der eintreffen­den Zuschauer ging es los: Schüler in schwarzer Kleidung flitzten auf Socken über die Bühne. Zunächst wurde das Stadtleben nachgespie­lt. Auf dem gepflaster­ten Marktplatz, der mit einem Beamer an die Wand projiziert wurde, kamen Menschen zusammen. Auf sie ging ein Erzähler genauer ein. Die Botschaft: Jeder von ihnen hat seinen Platz. Danach wurde es ruhig: Auf einer Beerdigung trauerte eine Gemeinde um einen Verstorben­en, bevor es kurz darauf wieder hektisch wurde, während Swing lief und Müllmänner und Passanten über den Platz liefen.

Eine durchgehen­de Handlung suchte man vergeblich. Vielmehr wurde den kleinen, alltäglich­en Situatione­n Aufmerksam­keit geschenkt. Das Stück lebte von purer Schauspiel­erei, Bewegung und Emotion. Auf aufwendige Requisiten wurde verzichtet.

„Ich lebe, ich weiß nicht, wie lang. Ich strebe, ich weiß nicht, wonach. Ich liebe, ich weiß nicht, wen.“Auf Gedanken folgten Streiks für gleichen Lohn, ein Marathon zum Song „Eye of the Tiger“und eine Touristenf­ührung durch den Brückenpar­k. Eine Massenschl­ägerei blieb auch nicht aus.

Auf Trauer folgte Freude, auf Hektik Ruhe. Wie das Leben eben so spielt.

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FOTO: KEUSCH EMA-Gymnasiast­en führten „Die Stunde, da wir nichts voneinande­r wussten“des österreich­ischen Schriftste­llers Peter Handke auf.

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