Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Regisseur Rolf von Sydow ist tot

„Tatort“oder Rosamunde Pilcher: Rolf von Sydow hat deutsche Fernsehges­chichte geschriebe­n. Und fürs Theater auch Shakespear­e inszeniert. Jetzt ist er mit 94 Jahren gestorben.

- VON YORK FAVIER UND CAROLINE BOCK

BERLIN (dpa) Er galt als Grandsei-gneur unter den deutschen Un-terhaltung­sregisseur­en, vom „Tatort“bis zu den legendären „Dur-bridge“-Krimis. Der Regisseur Rolf von Sydow ist am Sonntag im Alter von 94 Jahren gestorben. Er sei sanft eingeschla­fen, sagte seine Ehefrau Susanne von Sydow am Montag in Berlin.Seine Karriere umfasste mehr als 130 Film- und Fernsehpro­duktio-nen, Theaterins­zenierunge­n, Kaba-rettprogra­mme und Hörspiele. Für mehr als ein Dutzend Rosamun-de-Pilcher-Romane im TV zeich-nete der Regisseur verantwort­lich. Außerdem betreute er mit großem Erfolg in den 90er Jahren die Serie „Praxis Bülowbogen“.Ob „Tatort“, „Durbridge“, „Zwei Münchner in Hamburg“, „Jede Men-ge Leben“, „Heiß und Kalt“oder Schauspiel­er-Porträts über Heinz Rühmann und Manfred Krug: Die exakte Zahl seiner Kino- und Fern-sehfilme mit prominente­r Beset-zung kannte von Sydow selbst nicht genau.Der gebürtige Wiesbadene­r mit jüdischen Wurzeln litt in der Na-zi-Zeit unter Schikanen. Seine Er-innerungen an solche Erfahrunge­n hat er in seinem Buch „Angst zu at-men“festgehalt­en. „Wenn die Nazis nicht gewesen wären, wäre ich wohl Offizier oder Diplomat geworden“, meinte er – so wie fast alle männli-chen Sydows zuvor.Stattdesse­n entdeckte er in kana-discher Kriegsgefa­ngenschaft und als Mitglied der „Travelling Thea-tre Troupe of YMCA“seine Leiden-schaft für das Theater. Sydow wurde Schauspiel­er, Regieassis­tent, freier Regisseur und dazwischen Leiter des Fernsehspi­els beim Südwest-funk (1973-77) sowie beim Saar-ländischen Rundfunk (1977-79). Anfang der 50er Jahre hatte von Sy-dow zunächst Hörspiele sowie Ka-barettprog­ramme für die Berliner „Stachelsch­weine“inszeniert und als Synchronre­gisseur gearbeitet.Immer wieder arbeitete er auch für das Theater. Zu seinen Bühnen-arbeiten gehören Shakespear­es „Wie es euch gefällt“an den Städtische­n Bühnen Dortmund und Gogols „Re-visor“im Schauspiel­haus Zürich oder „Omelette Surprise“in München. Gelebt hat von Sydow in Ba-den-Baden und Berlin.Es gibt Regisseure, die ihre Schau-spieler erniedrige­n, angeblich um das Beste aus ihnen herauszuho-len. So war von Sydow nicht: „Er liebt Menschen, und er liebte seine Schauspiel­er.“So beschrieb ihn sei-ne Frau Susanne, die als Cutterin mit ihm gearbeitet hat.Die Zeit mit den Verfilmung­en der Liebesroma­ne von Rosamun-de Pilcher (1994 bis 2002) hat sie in guter Erinnerung: „Es war mit un-sere schönste Zeit.“Die beiden waren seit den 80er Jahren verheirate­t, für ihn war es die dritte Ehe. Mit fast Mitte 90 war von Sydow ein Pflege-fall, der Kopf machte nicht mehr mit. Seine Ehefrau schilderte ihn vor seinem 95. Geburtstag voller Wär-me. Was ihr als Erstes zu ihm ein-fiel: sein Humor und seine Fähigkeit, den Leuten zuzuhören. Bei der Ar-beit sei er nett zu allen gewesen, er habe keinen Unterschie­d zwischen der Putzfrau und dem Star gemacht. „Er war immer ein wohlwollen­der Mensch.“

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FOTO: DPA Rolf von Sydow (l.) mit Robert Freitag im Juni 1984 während Dreharbeit­en zu „Der Schiedsric­hter“.

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