Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Der Dormagener Säbelfechter Max Hartung verpasst bei der Heim-EM in Düsseldorf den dritten Titel in Serie.
Weil die Braunkohleverstromung endet, bangen die Belegschaften der energieintensiven Betriebe um Netzsicherheit und ihre Jobs. Fällt eine Anlage für nur zwei Stunden aus, ist sie nur noch Schrott. 18 Blackouts gab es bei Hydro 2018.
Für die IG Metall kommt es geballt. Unter dem Begriff der Transformation fasst sie die Bedrohungslage zusammen: das absehbare Aus des Verbrennungsmotors, schärfere Klimavorgaben, Roboter und Künstliche Intelligenz, die viele Jobs überflüssig machen. Und nicht zuletzt: die Energiewende.
Letzter Punkt trifft Aluminiumhersteller wie den norwegischen Konzern Hydro, der mehrere Produktionsund Weiterverarbeitungsstandorte entlang des Rheins betreibt. Allein im Rheinwerk Neuss wird so viel Energie benötigt, wie ganz Düsseldorf verbraucht – eingerechnet der Industrie mit Henkel, Daimler und Co.
Heinz Höhner ist Betriebsratsvorsitzender am Standort Grevenbroich. Jüngst auf einer zweieinhalbstündigen Betriebsversammlung ging es knapp eine Stunde nur um Energie. „Was tut ihr eigentlich, wenn 2023 in Armlänge die Kraftwerke vom Netz gehen?“, wollten die Beschäftigten wissen. Insofern sei es desillusionierend, wie wenig von der Bundesregierung komme, sagt Höhner: „Es ist doch Wahnsinn, dass sich der Bundeswirtschaftsminister hinstellt und sagt, wir werden die fehlende Energie von den europäischen Partnern bekommen. Übersetzt heißt das nichts anderes als: Wir setzen auf Strom von unsicheren belgischen Atomkraftwerken.“Dagegen will die IG Metall am 29. Juni mit einer Großkundgebung in Berlin protestieren.
In der Alu-Industrie fühlen sie sich missverstanden, weil sie das Produkt der Klima- und Mobilitätswende herstellen: Es wird im Leichtbau und in jeder Fahrzeugbatterie benötigt. Auch für den Ausbau der Stromnetze ist Alu unerlässlich. „Wir brauchen zuverlässig Strom in dergleichen Spannung und zwar Tag und Nacht“, sagt Höhner. Komme es zu einem zweistündigen Blackout, seien die Anlagen nur noch teurer Schrott. „Und es handelt sich schon heute um eine reale Bedrohung: Im letzten Jahr hatten wir 18 kürzere Abschaltungen wegen Blackouts.“
Käme es zu einem massiven Ausfall, sagt Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW, könne man zwar über Entschädigungen durch Versicherungen reden. Aber de facto würden die Anlagen nie wieder in Deutschland aufgebaut werden. In die Lücke würden andere stoßen: „Wenn wir Alu nicht mehr hierzulande herstellen, würden wir es wohl bei den Chinesen einkaufen – wo wir nicht so genau wissen, wie ökologisch es dort hergestellt wird.“Schon heute würde der europäische Markt durch die Abschottungspolitik der USA mit staatlich subventioniertem Billig-Aluminium aus China geflutet. „Da ist auch die Politik gefordert“, sagt der IG-Metall-Chef. Doch statt gleiche Bedingungen im internationalen Wettbewerb zu schaffen, führe die deutsche Energiepolitik zu einer Verzerrung: „Flapsig ausgedrückt: Eine Tarifrunde ist einem Aluminiumhersteller herzlich egal“, sagt Giesler. Die Hauptlast seien nicht die Personal-, sondern die Energiekosten. „Wir sind den erneuerbaren Energien überhaupt nicht abgeneigt“, sagt Höhner. Aber diese müsse bezahlbar sein und zuverlässig geliefert werden. Auch Giesler sagt: „Wir haben nichts von einem sicheren Arbeitsplatz, wenn in zehn Jahren die Klimakatastrophe über uns hereinbricht.“Er fordert aber, dass ökonomische und soziale Gesichtspunkte nicht außen vor bleiben dürften: „Ich finde es gut, dass durch die Debatte um die Braunkohle das Thema Klimaschutz von den Hinterzimmern ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wurde. Aber wir können nicht die Braunkohle abschalten, ohne zu wissen, wie wir den Energiebedarf kompensieren.“Die Parteien dürften jetzt angesichts der Großkundgebungen im Hambacher Forst oder der Wahlergebnisse in Europa nicht in Aktionismus verfallen.