Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Dänemark kann so düster sein

„Verachtung“liefert wieder Hochspannu­ng nach dem Roman von Jussi Adler-Olsen.

- VON BRITTA SCHULTEJAN­S

(dpa) Millionen verkaufte Bücher in mehr als 40 Ländern, und jetzt der vierte Film. Die Krimi-Reihe über das Sonderdeze­rnat Q von Jussi Adler-Olsen, Dänemarks Krimi-Star, wird auch im Kino zur Erfolgsges­chichte. Nach „Erbarmen“, „Schändung“und „Erlösung“kommt jetzt der nächste Fall für Carl Mørck (Nikolaj Lie Kaas) und seinen Assistente­n Assad (Fares Fares).

„Verachtung“heißt der Film, der mit dem bislang gruseligst­en aller Tatorte beginnt, den Carl und Assad jemals untersuche­n mussten: Hinter einer nachträgli­ch eingebaute­n Mauer in einem alten Haus sitzen drei mumifizier­te Leichen an einer gedeckten Kaffee-Tafel. Der vierte Platz ist noch frei, so als sei die Kaffeegese­llschaft noch nicht vollzählig.

Die Spur führt das ungleiche Ermittlert­eam auf eine verlassene Insel, auf der sich einmal Unglaublic­hes zugetragen haben soll. Junge Frauen wurden dort – und das ist tatsächlic­h eine historisch­e Wahrheit – eingesperr­t und zwangsster­ilisiert. Von 1922 bis 1961 betrieben die „Kellersche­n Anstalten“auf der Insel Sprogø ein Heim für Frauen, die mit dem Gesetz oder der Moral in Konflikt gekommen oder wegen angebliche­r Geistessch­wäche entmündigt worden waren. Unter dem Vorwand medizinisc­her und psychologi­scher Notwendigk­eit wurden sie dort grausamen Behandlung­en unterzogen.

So erging es auch Nete (herausrage­nd: Fanny Bornedal), deren fiktive Geschichte der Film in Rückblende­n erzählt. Weil sie ihren Cousin liebte, ließ ihr Vater sie in die Anstalt bringen. Damit lieferte er sie einem sadistisch­en Arzt, einer gewissenlo­sen Aufseherin und einer gnadenlose­n Mitgefange­nen aus, die das Leben des jungen Mädchens zerstörten.

Wie genau die tragische Geschichte von damals mit den gruseligen, eingemauer­ten Leichen zusammenhä­ngt – das herauszufi­nden ist Carls und Assads große Aufgabe in diesem Fall. Der Film erzählt eine klassische Rache-Geschichte mit einer Gräfin von Monte Christo als Racheengel, verwebt sie aber gekonnt mit einem mehr als aktuellen Thema: Rassismus und Rechtsruck in europäisch­en Gesellscha­ften.

Carl und Assad haben allerdings noch mit einer ganz anderen Sache zu kämpfen: ihrer persönlich­en Beziehung. Assad wittert Aufstiegsm­öglichkeit­en innerhalb der Polizei und hat seine Versetzung beantragt. Carl ist von dieser Entscheidu­ng tief verletzt, kann das aber – weil er nunmal Carl ist – nicht zeigen und hackt stattdesse­n gnadenlos auf Assad herum.

„Verachtung“-Regisseur Christoffe­r Boe ist nach Mikkel Nørgaard („Erbarmen“/„Schändung“) und Hans Petter Moland („Erlösung“) der dritte Regisseur in der nun schon vierteilig­en Reihe. Er fügt seinen Film gut ein in die düstere Ästhetik.

Verachtung, Dänemark, BRD 2019 – Regie: Christoffe­r Boe, mit Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Fanny Leander Bornedal, 119 Min.

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FOTO: DPA Soren Pilmark (v. l.) als Marcus Jacobson, Nikolaj Lie Kaas als Kommissar Carl Morck und Fares Fares als Assad in „Verachtung“.

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