Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die Klima-Heuchelei der Union

- VON ANTJE HÖNING MERKEL STOPPT SÖDERS KOHLEPLÄNE, WIRTSCHAFT

Die Fridays-for-Future-Demonstran­ten haben recht: Lange Zeit hat die deutsche Politik das Thema Klimaschut­z vernachläs­sigt und sich an Kindern und Enkeln versündigt. Doch seit der Europawahl kann es manchem nicht schnell genug gehen: Markus Söder gibt die Greta und will gleich 2030 aus der Kohle raus. Ausgerechn­et Söder! Dabei ist es sein Bayern, dass zu wenig Strom produziert und sich zugleich gegen die Stromautob­ahnen sperrt, mit denen der Ökostrom von der Küste in den Süden gebracht werden soll. Und es ist sein Bayern, das sich die Solardäche­r von Stromkunde­n in NRW bezahlen lässt.

Wozu hat die Kohlekommi­ssion nach langem Ringen einen Ausstieg bis 2038 mit Option auf 2035 verabredet, den übrigens Greenpeace mit unterschri­eben hat, wovon die Umweltschü­tzer heute nichts mehr wissen wollen? Wie soll das Industriel­and Deutschlan­d binnen zehn Jahren verlässlic­h auf Ökostrom umgestellt werden, wenn bis heute nur ein Bruchteil der nötigen Netze steht? Söder macht sich mit seinem Klima-Populismus wider demokratis­che Beschlüsse und wider wirtschaft­liche Vernunft auch zum Brandstift­er für Gewalt. Hunderte Aktivisten fühlten sich bereits ermuntert, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, Tagebaue zu stürmen und Bagger zu besetzen. Straftaten im Namen des Klimaschut­zes ? So geht das in einer Demokratie nicht. Wenn Söder ernsthaft an mehr Tempo interessie­rt wäre, würde er Druck auf Unions-Freund Peter Altmaier machen. Der Wirtschaft­sminister blockiert den Kohleausst­ieg. Aus Angst, Wähler in Brandenbur­g und Sachsen mit Ansagen zur Lausitz in die Arme der AfD zu treiben, lässt er die Umsetzung der Kommission­svorschläg­e schleifen. Auch wenn Merkel Söder die rote Karte zeigt: Die Klima-Heuchelei der Union hat mit Zukunft nichts zu tun.

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