Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Retter gesucht

- VON HOLGER MÖHLE SPD ERMÖGLICHT DOPPELSPIT­ZE, TITELSEITE

Eine Partei am Boden. Die SPD kämpft um ihr Überleben als Volksparte­i und sucht dabei fast schon verzweifel­t: Retter, gerne auch in der Variante einer Doppelspit­ze. Über Jahrzehnte hat die SPD, die mit Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder drei Bundeskanz­ler stellte, die bundesdeut­sche Geschichte geprägt und gestaltet. Sie hat in der Opposition konstrukti­v Regierungs­handeln überwacht und sich zuletzt gegen echte eigene Überzeugun­g in die Pflicht nehmen lassen, eben doch in eine dritte große Koalition unter Führung von Bundeskanz­lerin Angela Merkel einzutrete­n. Die deutsche Sozialdemo­kratie hat dafür einen sehr hohen Preis bezahlt. Sie steht am Abgrund und muss nach dem Desaster bei der Europawahl (15,8 Prozent) einen weiteren Absturz bei den Landtagswa­hlen im Osten befürchten.

Ob diese große Koalition Ende des Jahres noch besteht, ist eine offene Frage. Der Überlebens­kampf der SPD macht das Regieren und Koalieren nicht einfacher. Die CDU kann schon aus eigenem Interesse keine Freude an der chronische­n Schwäche des politische­n Partners haben. Denn der Niedergang der SPD wird sich früher oder später zwangsläuf­ig auf CDU und CSU als Volksparte­ien auswirken. Nur wie kann sich die SPD regenerier­en? Passt sie noch in die Zeit, wenn ihr seit 1998 mehr als zehn Millionen Wählerinne­n und Wähler davongelau­fen sind? Die Globalisie­rung hat die einstige klassische Arbeitersc­hicht nahezu verschwind­en lassen – und damit zentrale Themen verändert, für die die SPD lange gewählt worden war.

Jetzt will sich die SPD schon über die Auswahl des Spitzenper­sonals attraktive­r und breiter aufstellen. Die Partei braucht aber einen richtigen Neustart. Mit unverbrauc­hten Köpfen – und viel Mut. Oder ihre Zeit läuft tatsächlic­h ab.

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