Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ladesäulen für E-Autos dringend gesucht
Die Bundesregierung und die Autoindustrie vereinbaren auf einem „Autogipfel“einen „Masterplan“zum Ausbau der Infrastruktur mit öffentlichen Ladepunkten. Doch wer das finanzieren soll, ist weiterhin unklar.
Die Bundesregierung und Automobilindustrie wollen das öffentliche Ladesäulen-Angebot massiv ausbauen, wissen aber noch nicht, wer das wie finanzieren wird. Der Ausbau kostet nach einer Schätzung der Regierung rund eine Milliarde Euro. Der „Masterplan“für mehr Ladestationen für Elektro-Autos war am Montagabend auf einem „Autogipfel“von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit führenden Vertretern der Autobranche beschlossen worden. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) brachte unmittelbar danach am Dienstag ein Gesetzespaket auf den Weg, mit dem rechtliche Hürden bei der Errichtung von Ladesäulen überwunden werden sollen. So werde es künftig etwa leichter, in Tiefgaragen Ladepunkte einzubauen, sagte Scheuer.
Deutschland hinkt bei der Elektromobilität im Vergleich zu anderen Industrieländern deutlich hinterher. In Deutschland gab es zu Jahresbeginn nach amtlichen Daten erst 83.000 Elektro-Pkw bei mehr als 47 Millionen zugelassenen Personenkraftwagen. Ursprünglich hatte die Regierung den E-Auto-Bestand bis 2020 auf eine Million Fahrzeuge steigern wollen, damit der Verkehrssektor mehr zur Erreichung der deutschen Klimaziele beiträgt.
Das Ziel verfehlt die Regierung aus einer Vielzahl von Gründen: Vor allem haben sich die deutschen Hersteller zu viel Zeit mit dem Angebot erschwinglicher Elektro-Pkw gelassen, deren Reichweite der von Autos mit Verbrennungsmotoren nahe kommt. Zudem fehlt es an öffentlich zugänglichen Ladesäulen.
Merkel will das Ziel von einer Million E-Autos auf deutschen Straßen jetzt 2022 erreichen. Bis 2030 sollen zehn Millionen Elektro-Pkw unterwegs sein und 500.000 Elektro-Nutzfahrzeuge. Den Strom sollen sie an 300.000 öffentlichen Ladepunkten ziehen. Bisher gibt es bundesweit erst 17.400, die meisten davon in Hamburg (882 Ladesäulen), Berlin (779) und München (762). Düsseldorf bietet nach Angaben des Bundesverbands der Energiewirtschaft erst 211 Säulen, Köln nur 141 an.
Die Frage der Finanzierung des Ladesäulen-Ausbaus ist allerdings offen. Über finanzielle Zusagen und Fördermittel sei auf dem Autogipfel nicht gesprochen worden, sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Bernhard Mattes. Private Investoren schrecken vor dem Ausbau zurück, solange sich mit dem Stromverkauf zu geringe Profite machen lassen. „Derzeit gibt es kein Geschäftsmodell, um öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur durch Stromverkauf gewinnbringend zu betreiben“, sagte der Verkehrsexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft, Thomas
Puls, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der Staat sah sich für den Ausbau bisher aber auch nicht zuständig. Unter dem Druck des Klimaschutzes könnte sich das ändern.
Die Grünen kritisierten die Bundesregierung als planlos. „Es ist schwer erträglich“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Er wundere sich über die Unprofessionalität, mit der solche Gipfeltreffen vorbereitet würden. Dabei müsse mehr herauskommen. Deutschland müsse endlich Tempo beim Ausbau der E-Mobilität aufnehmen. Er habe bereits mit den Regierungschefs der anderen Auto-Länder Niedersachsen und Bayern eine bessere Kooperation mit dem Bund gefordert. Man werde jetzt auch auf Nordrhein-Westfalen und Hessen zugehen, die Sitzländer von Opel und Ford.