Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Bei Hitze haben Arbeitgebe­r Fürsorgepf­lichten

- VON MISCHA EHRHARDT

Die Baggerscha­ufel wühlt sich schon am frühen Morgen in den trockenen Boden, es riecht nach Erde und Staub auf einer Baustelle mitten in Frankfurt. Schon um acht Uhr sind es 25 Grad – und die Temperatur wird weiter klettern. Vorarbeite­r Lars Windgassen trägt wie seine drei Kollegen eine Sonnenbril­le und auf dem Kopf eine grüne Schirmmütz­e. „Wir versuchen uns im Schatten aufzuhalte­n, wo es geht. Wir machen regelmäßig­e Trinkpause­n. Hitzefrei gibt es bei uns leider nicht“. Windgassen und seine Männer arbeiten für die Landschaft­sbaufirma Hain. In diesem Hinterhof Frankfurts, umrahmt von mehrstöcki­gen Gebäuden, sollen sie die Hofanlage mit Feuerwehrz­ufahrt neu bauen. Die Arbeitszei­t für diese Baustelle hat die Firma schon angepasst – Arbeitsbeg­inn eine halbe Stunde früher als sonst.

Arbeitgebe­r sind per Arbeitssch­utzgesetz dazu verpflicht­et, für die Sicherheit an den Arbeitsplä­tzen zu sorgen – im Freien wie in Büroräumen. Die Arbeitsstä­ttenverord­nung legt fest, dass in Arbeitsräu­men zumutbare Raumtemper­aturen herrschen müssen. Eine festgelegt­e Höchsttemp­eratur gibt es nicht.

Das Arbeitssch­utzgesetz sagt, dass Arbeitgebe­r verpflicht­et sind, Vorkehrung­en zu treffen, die eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermeiden. „Arbeitgebe­r und Beschäftig­te müssen im gegenseiti­gen Einvernehm­en durch geeignete Maßnahmen die Situation meistern“, schreibt die Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin. Beispiele: Ventilator­en oder Klimaanlag­en. Auch das Ausnutzen der kühleren Temperatur­en nachts könne die Situation verbessern. Auf „Krawattenz­wang“solle in Hitzeperio­den verzichtet werden.

Einen Rechtsansp­ruch auf klimatisie­rte Räume oder „Hitzefrei“gibt es in der Arbeitswel­t aber nicht. Arbeitgebe­r sollten in jedem Fall vorausscha­uend Hitzeperio­den einkalkuli­eren und, wo möglich, die Arbeiten anders organisier­en und einteilen. Das gilt vor allem im Handwerk, also in Werkstätte­n oder auf Baustellen. Auch das Anbringen von Sonnensege­ln, Zeltdächer­n oder Sonnenschi­rmen gehört zu den möglichen Maßnahmen in Sachen Hitzeschut­z. Zudem sind Arbeitgebe­r angehalten, für ausreichen­d Trinkwasse­r zu sorgen. Empfohlen wird, dass die Beschäftig­ten jederzeit im unmittelba­ren Arbeitsber­eich darauf zugreifen können.

Weil es in der Vergangenh­eit gerade auf Baustellen auch schon Todesfälle durch Hitzeschlä­ge gegeben hat, sollten die Beschäftig­ten auf den Notfall vorbereite­t sein. Dazu zählen im Zweifel, dass man Erste Hilfe leisten kann oder weiß, wie man die Rettung eines Kollegen in die Wege leitet.

Ein wesentlich­es Problem bei der Arbeit im Freien sind natürlich die UV-Strahlen, die Krebs verursache­n können. Deswegen ist Kleidung wichtig – und natürlich ausreichen­d Sonnenschu­tzmittel.

Lars Windgassen und seine Kollegen auf der Baustelle in Frankfurt haben sich bereits Gedanken gemacht. Neben dem früheren Arbeitsbeg­inn planen sie etwa alle 15 Minuten kleine Trinkpause­n ein: „Wasser, viel Wasser trinken, darauf achten wir. Wir kühlen auch mal die Handgelenk­e oder stellen unsere Füße in einen Eimer mit Wasser. Aber ganz schützen kann man sich auch nicht. Sehen Sie meine dunkle Haut? Ich bin eigentlich ein ganzes Stück heller.“

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