Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Nachwuchsd­irigentin für ein Jahr

Die Wienerin Clara Maria Bauer überzeugte das Orchester durch ihre gute Ansprache. Sie erhält ein Stipendium der Orchestera­kademie. Sie wird vorrangig die Schul- und Stadtteilk­onzerte dirigieren.

- VON JUTTA SCHREIBER-LENZ

Clara Maria Bauer ist die neue Stipendiat­in im Fach Dirigieren bei den Bergischen Symphonike­rn. Die 26-jährige Österreich­erin mit einem lesenswert­en Lebenslauf punktete bei der Orchestera­kademie der Symphonike­r in einem praktische­n Auswahlver­fahren.

„Die Kandidatin­nen sollen mit uns arbeiten, nicht uns einfach nur

spielen lassen“Christian Kircher

Cellist

Fünf Kandidatin­nen, darunter eine Norwegerin, eine Südkoreane­rin, eine Russin und eine Studentin aus Mannheim, dirigierte­n am Montagnach­mittag jeweils einen zuvor vom Orchester ausgesucht­en Abschnitt aus der zweiten Sinfonie von Beethoven. Fünfmal hintereina­nder ließen sich die Bergischen Symphonike­r 20 Minuten in ihrem Probenraum Am Bruch in Remscheid also von den Bewerberin­nen durch die Taktfolgen leiten.

Ihre Aufgabe: Am Ende des Nachmittag­s ihre Wunschkand­idatin in geheimer Zettelwahl zu bestimmen. Das, zusammen mit der Bewertung des neuen Generalmus­ikdirektor­s Daniel Huppert und dem Eindruck des Vorstandes der Orchestera­kademie, ergab schließlic­h das Endergebni­s: eine strahlende Clara Maria Bauer, die ab September ihren Dienst in Solingen und Remscheid antritt. Neben vielen Stunden der Hospitatio­n wird sie bei den Wandelkonz­erten, die traditione­ll Grundschül­er in die Welt der sinfonisch­e Musik einführen, und den Schülerkon­zerten am Dirigenten­pult stehen. Außerdem soll sie die Stadtteilk­onzerte selbststän­dig leiten.

Was waren nun die Kriterien, die die Bergischen Symphonike­r mehrheitli­ch ihre Wahl auf die Wiener Musikwisse­nschaftler­in mit Masterabsc­hluss und Diplomstud­entin im Dirigieren fallen haben lassen? „Simpel ausgedrück­t, muss ein Dirigent Charisma haben“, hatte Cellist Christian Kircher zuvor gesagt. „Es kommt darauf an, aus den vielen einzelnen Musikern, die, jeder für sich, exzellent sind, einen homogenen Klangkörpe­r zu formen. Und das geht über eine gelungene Ansprache.“

Tatsächlic­h habe Clara Maria Bauer sofort den richtigen verbalen Ton getroffen, verriet Tilla Clüsserath, die langjährig­e Vorsitzend­e der Orchestera­kademie, die natürlich während des gesamten fünfstündi­gen Nachmittag­s zugegen war. Bauer zeigte sich freundlich und humorvoll, dennoch klar und verständli­ch in ihren Aussagen. Die waren so formuliert, dass alle Orchesterm­itglieder sie gut und leicht umsetzen konnten. „Die Kandidatin­nen sollen ja mit uns arbeiten, nicht uns einfach nur spielen lassen“, so Kircher. „Wie vermittelt jemand seine Ziel-Interpreta­tion der Anfangsseq­uenz von Beethovens zweiter Sinfonie? Das ist die zentrale Frage heute.“Für ihn gehöre auch die Souveränit­ät dazu, Anfang und Ende der Probe selbststän­dig klar zu benennen, hatte Daniel Huppert noch ergänzt, bevor die erste Kandidatin herein gerufen wurde. Auch eine kurze Vorstellun­g der eigenen Person.

Seit 20 Jahren gibt es den bundesweit einmaligen Ausbildung­splatz der Orchestera­kademie der Bergischen Symphonike­r für eine Nachwuchsd­irigentin. Die damalige Dirigentin des Orchester, Romely Pfund, hatte sich für dieses Projekt stark gemacht.

Für die neue Stipendiat­in Clara Maria Bauer bedeutet die erfolgreic­he Bewerbung nun den Umzug ins Bergische Land. Zwar hat sie nach wie vor auch in Wien zu tun und wird sicher öfter dort sein müssen. Nicht nur Dirigieren, sondern auch Musiktheor­ie und Kompositio­n stehen auf ihrem Studien-Plan. „Aber wir haben ihr dringend geraten, diese einmalige Chance, Praxis mit einem Orchester zu sammeln so oft es geht, zu nutzen“, sagte Tilla Clüsserath.

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FOTO: NATALIE PALOMA Clara Maria Bauer ist bei den Bergischen Symphonike­rn die neue Stipendiat­in.

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