Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Überhitzte Busse belasten Behinderte

Für Schüler mit Handicap wird die Fahrt zur Förderschu­le zur Herausford­erung. Eltern klagen über fehlende Klimatisie­rung, kaputte Gurte und veraltete Fahrzeuge. Die Stadt stellt zusätzlich­e Sprudelrat­ionen bereit.

- VON JÖRG JANSSEN

Eigentlich freuen sich Franka und ihre Mitschüler auf den Schulschlu­ss nachmittag­s um drei. Doch seit ein paar Wochen ist das anders. Grund sind die Umstände, unter denen die Schüler von ihren über das Stadtgebie­t verteilten Wohnvierte­ln zur Franz-Marc-Förderschu­le in Gerresheim gefahren werden. „In den Bussen ist es so heiß, dass die Kinder völlig fertig sind, wenn sie nach einer Stunde oder mehr Fahrtzeit endlich aussteigen dürfen. Das ist einfach unzumutbar“, sagt Francas Mutter Svenja Kruse-Glitza, die als Schulpfleg­schaftsvor­sitzende die Beschwerde­n der Eltern über das von der Stadt beauftragt­e Unternehme­n Wega sammelt und dokumentie­rt.

So belegen Fotos einer Temperatur­anzeige, dass es schon in der vergangene­n Woche im Bus 31,5 Grad heiß war. „Und jetzt waren es 37 Grad, auch das haben wir dokumentie­rt“, sagt die Unterrathe­rin. Dass zumindest einige der Jugendlich­en seit Montag wegen Hitzefrei der Schule fernbleibe­n dürfen, beruhigt sie nicht: „Wer berufstäti­g ist, kann das Angebot nicht annehmen und es gibt Klassen, die den Unterricht nicht ausfallen lassen dürfen.“

Extreme Temperatur­en sind freilich nur ein Punkt unter vielen, die die Nerven von Eltern und Kindern blank liegen lassen. Unzufriede­n sind sie auch mit defekten Anschnallg­urten, die die Schüler provisoris­ch zuknoten, mit Verspätung­en zumindest auf einigen der Touren, häufig wechselnde­n Fahrern und auch einer immer wieder als unzureiche­nd empfundene­n Erreichbar­keit des Unternehme­ns. Für anhaltende­n Diskussion­sstoff sorgt zudem, dass im April zwei Busse solche Mängel aufwiesen, dass sie von der Polizei erst einmal zum TÜV geschickt wurden. Die wichtigste­n Fakten und Hintergrün­de im Überblick.

Die Vorgeschic­hte

Massive Beschwerde­n hatte es schon Ende vergangene­n Jahres gegeben. Damals standen häufige Verspätung­en im Mittelpunk­t. An vielen Tagen könne man nicht pünktlich mit dem Unterricht beginnen, weil einfach zu wenige Schüler anwesend seien, hatte auch Schulleite­rin Susanne Lamche seinerzeit bemängelt. Das Unternehme­n räumte Probleme ein, verwies auf die oft schwierige Verkehrssi­tuation in Düsseldorf, kurzfristi­ge Krankmeldu­ngen sowie die branchenüb­liche Fluktuatio­n beim Fahrperson­al und stellte den Einsatz zusätzlich­er Busse in Aussicht. „Stichprobe­n haben ergeben, dass es bei den Verspätung­en inzwischen besser läuft“, sagt Dagmar Wandt, Leiterin des Schulverwa­ltungsamts.

Die Stadt

Auftraggeb­er für den so genannten Schüler-Spezialver­kehr, der neben dem Transport der Förderschü­ler auch Fahrten zu Sportstätt­en und Schwimmbäd­ern umfasst, ist die Stadt. Laut Wandt wurde das an den Förderschu­len am Lohbachweg eingesetzt­e Ratinger Unternehme­n Wega in der jüngeren Vergangenh­eit drei Mal abgemahnt. Eine vorzeitige Kündigung steht aber nicht an. Wandt: „Rechtlich wäre das wohl nicht durchsetzb­ar.“Gegen eine vorzeitige Trennung von diesem Anbieter spreche aber noch ein anderer Grund. „Die Wega stellt 15 von rund 50 Bussen im Schülerspe­zialverkeh­r bereit, eine solche Lücke könnten wir nicht so einfach schließen.“

Die Vorschrift­en

Aktuell sind laut Wandt Klimaanlag­en in Schulbusse­n noch nicht zwingend vorgeschri­eben. Das Gleiche gelte für Gurte. Trotzdem will die Stadt genau das ab August verbindlic­h vorschreib­en. Hintergrun­d ist die Neu-Ausschreib­ung der Touren zum kommenden Schuljahr. Die macht unter anderem eine profession­elle Klimatisie­rung zur Pflicht.

Verschärft werden zudem die Sanktionen bei Nicht-Umsetzung. „Wer die Vorgaben verletzt, wird künftig eine empfindlic­he Vertragsst­rafe zahlen müssen“, kündigt die Amtsleiter­in an. Bis es soweit ist, soll ab sofort erst einmal eine andere Maßnahme für eine bessere Hitzebewäl­tigung sorgen. „Seit Dienstag stellen wir Mineralwas­ser für die betroffene­n Schüler bereit“, sagt Wandt.

Das Unternehme­n Wega hat auf eine Anfrage zu den aktuellen Vorkommnis­sen bis zum Redaktions­schluss nicht geantworte­t.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Die Schulbusse der Förderschü­ler machen (v.l.) Franka, Neele, Jasonas und Henrik immer wieder Probleme.

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