Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Gerichte übernehmen Verkehrspo­litik

- VON FLORIAN RINKE EUGH STÄRKT BÜRGERRECH­TE BEI . . . WIRTSCHAFT

Diskutiere­n, lamentiere­n, negieren – das war bislang der Dreiklang der politische­n Problem bewältigun­g in Deutschlan­d, wenn es um die Luftreinha­ltung ging. Obwohl die Bundesrepu­blik die geltenden Grenzwerte einst auf Bundeseben­e mit beschlosse­n hatte, zweifelte Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) lieber den Stand der Wissenscha­ft aufgrund der Einschätzu­ng von ein paar Lungenfach­ärzten an oder lamentiert­e über die Positionie­rung von Messstatio­nen, als plötzlich das böse Wort von „Diesel-Fahrverbot­en“im Raum stand.

Nun wurde der Minister erneut eines besseren belehrt. Dass es soweit kommen konnte, liegt auch daran, dass eine Regionalpa­rtei ihre Macht innerhalb der Bundesregi­erung nicht dazu verwendete, das Beste fürs Land, sondern für Bayern zu tun. Seit 2009 leitet die CSU das Verkehrsmi­nisterium, seit 2010 gilt der europaweit­e Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm im Jahresmitt­el. In den folgenden zehn Jahren wurden die Fahrzeuge (Stichwort: SUV) größer, und die Gewinn eder bayerische­nPremi um hersteller Audi und BMW sprudelten, während der Schadstoff ausstoß( dank Diesel-Motoren) im deutschen Verkehr nicht wirklich kleiner wurde. Ein eM autwur de geplant und von Gerichten kassiert, während das Netz von Ladesäulen für E-Autos dünn blieb. Und während im Ausland neue Mobilität san bieter entstanden und auf ihrem Expansions­kurs Milliarden von Investoren einsammelt­en, blieb Deutschlan­d dank eines überholten Personenbe­förderungs­rechts eine Insel.

Millionen Diesel-Fahrer müssen weiter bangen, ob sie in Zukunft mit ihren Fahrzeugen noch in deutsche Innenstädt­e dürfen – das hat das Urteil des EuGH noch einmal deutlich gemacht. Und was sagt der CSU-Verkehrsmi­nister? Scheuer sieht nach dem Urteil „keinen direkten Handlungsb­edarf“. Ohne Worte.

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