Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Sting hat Lust auf Hits, Hits, Hits

Der 67-Jährige spielte in Mönchengla­dbach vor 13.000 Fans.

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Die Hitze macht träge – nur einen nicht. Während sich die rund 13.000 Besucher in den Mönchengla­dbacher Sparkassen­park schleppen, mit kostenlose­m Trinkwasse­r versorgen oder an der Sprinklera­nlage am hinteren Ende des Innenraums abkühlen, springt Sting energiegel­aden auf die Bühne und spielt ein Eröffnungs­trio, mit dem er auch eine veritable Zugabe hätte bestreiten können: „Message In A Bottle“, „If I Ever Lose My Faith In You“und „Englishman In New York“. „My Songs“heißt die Tour zum gleichnami­gen Album. Es ist nach „Symphonici­ties“von 2010 schon das zweite, auf dem er neue Versionen von alten Songs präsentier­t. Diesmal wollte Sting seine größten Hits aktualisie­ren, heutigen Hörgewohnh­eiten anpassen. Für das Publikum seiner Tour bedeutet das: keine Atempause, ausschließ­lich Material mit Mitsing-Garantie.

Nach zwei neuen Alben in den letzten zweieinhal­b Jahren – eins Solo, eins mit Shaggy – scheint Sting wieder große Lust auf ein reines Hitprogram­m zu haben. Mit seiner Band, die so reduziert und exakt akzentuier­t spielt wie The Police, kostet er die berühmten Refrains voll aus, dehnt sie, wirft sich mit vollem Elan hinein, spielt Ruf-undAntwort-Spiele mit dem Publikum. Nach dem nächsten von zwölf Police-Songs, „Every Little Thing She Does Is Magic“, spricht er zum ersten Mal auch zu seinen Fans, sagt in fast lupenreine­m Deutsch: „Ich freue mich, hier in Mönchengla­dbach zu sein“und stellt seine Mitmusiker vor.

Das war es dann allerdings auch in Sachen Ansprache – und die mangelnde Gesprächig­keit ist vielleicht der einzige Vorwurf, den man Sting an diesem Abend machen kann. Beim übergangsl­osen Wechsel vom trockenen Postpunkpo­p „So Lonely“in das Ethno-Pop-Gedudel von „Desert Rose“würde sich doch zum Beispiel ein Kommentar anbieten zum deutschen Sahara-Sommer. Immerhin heißt es gleich in den ersten Zeilen: „Ich träume von Regen / Ich träume von Gärten im Wüstensand“.

Doch dem 67-jährigen Briten scheint wichtiger zu sein, atemlos durch sein Material zu hetzen, von dem man genau wie beim Hören seines aktuellen Albums nicht weiß: Was genau ist jetzt neu an diesen Versionen? Manchmal klingen die altbekannt­en Titel entschlack­t, fokussiert­er, die Bassläufe satter, fetter. Einem Song wie „Fields Of Gold“tut die Reduktion nicht gut, er fliegt schnell vorbei, hat etwas von seinem Zauber verloren. Die Ballade „Shape Of My Heart“, ebenfalls vom großartige­n Album „Ten Summoner’s Tales“, scheint hingegen noch tiefer zu gehen – und gewinnt durch das Duett mit Background­sänger Gene Noble, der mit seinem Ausdruck offenbar einem Idol nachjagt: The Weeknd.

Kurz vor Schluss, nach einer explosiven „Roxanne“, macht Sting dann plötzlich doch Pause, setzt sich kurz an den Bühnenrand und trinkt etwas, das aussieht wie eine Tasse Tee. „Englishman In New York“lässt grüßen. Ein kurzes Luftholen ist das für ein brachiales, hemdsärmel­iges und schweißtre­ibendes „Demolition Man“.

67 ist offenbar kein Alter.

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