Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Männerkris­en in Azurblau

„Ein Becken voller Männer“bietet Psychologi­e beim Synchronsc­hwimmen.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Die sportliche Disziplin des Männersync­hronschwim­mens erfreut sich im Kino in den letzten Jahren einer bemerkensw­ert erhöhten Beliebthei­t. Nach der schwedisch­en Komödie „Männer im Wasser“(2008) von Måns Herngren und „Swimming With Men“(2018) des Briten Oliver Parker, haben nun auch die Franzosen mit Gilles Lellouches „Ein Becken voller Männer“das Sujet aufgenomme­n.

Die Faszinatio­n der Filmemache­r für das Männersync­hronschwim­men liegt auf der Hand. Die Sportdiszi­plin wird vornehmlic­h von Frauen betrieben und wenn Männer in diese weibliche Domäne hineingewo­rfen werden, setzt das – so hofft man – automatisc­h komische Effekte frei. Außerdem ist das Schwimmbad per se ein cinegener Ort. Das türkisblau­e Becken, die glitzernde Wasserober­fläche, die funktional­e Architektu­r und die gleitenden Bewegungen der Schwimmer sind bestes Optikfutte­r für die große Leinwand.

Ähnlich wie Oliver Parker nutzt auch Lellouche den Erzählrahm­en, um kriselnde Männerseel­en im Wasser zusammen zu führen. Bertrand (Mathieu Amalric) leidet an Depression­en und ist seit zwei Jahren arbeitslos. Im Schwimmbad fällt ihm eine Gruppe von Männern auf, die unter Anleitung einer resoluten Trainerin recht unkoordini­ert im Becken herum turnen. Er schließt sich den Synchronsc­hwimmern an und spürt schon bald, dass er nicht der Einzige ist, der sein Leben nicht in den Griff bekommt.

Der Vorarbeite­r Laurent (Guillaume Canet) neigt zu cholerisch­em Auftreten. Der Swimming-Pool-Verkäufer Marcus (nervig wie immer: Benôit Poelvoorde) will nicht wahrhaben, dass sein Unternehme­n erneut vor der Pleite steht. Der Kantinenan­gestellte Simon ( Jean-Huhues Anglade) haust in einem Wohnmobil und hängt seinen Rockstartr­äumen hinterher. Bademeiste­r Thierry (Philippe Katerine) leidet unter Kontaktstö­rungen und eigenen Missbrauch­serfahrung­en.

Ein breites Spektrum an maskulinen Identitäts­störungen wird in der Gruppe offenbar. Jeder ist auf seine Weise aus der Bahn geraten und kann die eigenen wie die gesellscha­ftlichen Ansprüchen des Mannseins nicht erfüllen.

Aber beim gemeinsame­n Formations­schwimmen im Wasser wird nicht nur der Körper, sondern auch die Seele leichter. In „Ein Becken voller Männer“errichtet Lellouche eine durchaus interessan­te Figurenauf­stellung. Aber die sozialen und psychologi­schen Problemste­llungen werden hier kaum vertieft, um den Feel-Good-Charakter der Angelegenh­eit auf keinen Fall zu gefährden.

Dabei läge gerade im Ausloten der Charaktere und deren interaktiv­en Dynamik das eigentlich­e komödianti­sche Potenzial der an sich guten Geschichte, die sich indes allzu ängstlich und viel zu früh in die Harmonisie­rung flüchtet.

Ein Becken voller Männer, Frankreich 2018 – Regie: Gilles Lellouche, mit Mathieu Amalric, Guillaume Canet, Philippe Katerine, 122 Min.

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EPD ?? Ein Becken voller Männer, v.li.: Jean-Hugues Anglade, Mathieu Amalric, Guillaume Canet, Benoît Poelvoorde, Philippe
Katerine, Balasingha­m Thamilchel­van und Alban Ivanov.
FOTO: EPD Ein Becken voller Männer, v.li.: Jean-Hugues Anglade, Mathieu Amalric, Guillaume Canet, Benoît Poelvoorde, Philippe Katerine, Balasingha­m Thamilchel­van und Alban Ivanov.

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