Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Sie sind die Töchter von Steve Jobs, Bruce Springsteen und Bill Gates – und hoffen auf den Durchbruch als Reiterinnen.
Die politische Debatte hierzulande läuft emotional und aufgewühlt. Im derzeitigen ökologischen Mainstream fällt es schwer, sachlich und differenziert zu diskutieren. Das muss sich dringend ändern.
Der Ausgang der Europawahl hat das ganze Land durchgerüttelt. Die Parteien der großen Koalition haben erkennbar einen Denkzettel, die Grünen indes enorme Zuwächse erhalten. So manche Partei sucht nach Orientierung und scheint sich in Aktionismus zu flüchten. Die politische Debatte hierzulande läuft emotional und aufgewühlt. Im derzeitigen ökologischen Mainstream fällt es schwer, sachlich und differenziert zu diskutieren. Für die Bewältigung der anstehenden Herausforderungen sind diese Vorzeichen alles andere als hilfreich. Die Unternehmen vermissen eine Politik, die mit klarem Kopf, sorgfältigem Management und kluger Kommunikation in großen Linien denkt. Stattdessen hat eine Debatte Hochkonjunktur, die den Geist von kleinteiliger Bevormundung atmet.
Angesichts des erlahmenden Aufschwungs bereitet mir diese politische
Großwetterlage Sorge. Gerade jetzt ist der Gestaltungs- und Handlungsspielraum durch die jahrelange Umverteilungspolitik stark eingeschränkt. Da sich obendrein die Steuereinnahmen im Sinkflug befinden, wird schon bald das Geld fehlen, mit dem unser Land mit Investitionen in Bildung, Innovation, Digitalisierung und Verkehrsinfrastruktur für den internationalen Wettbewerb fit gemacht werden müsste.
Entscheidend für die Zukunft unseres Landes ist das Gelingen der Energiewende. Es ist bekannt, dass die deutsche Wirtschaft ein klares Bekenntnis zum Kohleausstieg im Jahr 2038 abgegeben hat. Wir alle wissen, dass allein dieser Termin schon eine Rechnung mit vielen Unbekannten ist. Uns erwartet eine 20-jährige Operation am offenen Herzen unserer Volkswirtschaft. Denn in diesem Zeitraum ist gleich dreierlei zu gewährleisten: eine sichere Stromversorgung zu jeder Sekunde, der massive Ausbau von Stromnetzen und Speicherkapazitäten sowie wettbewerbsfähige und bezahlbare Strompreise. Hier muss der Staat endlich seine Hausaufgaben machen. Doch während dieser politische Kraftakt weitgehend unkoordiniert und allenfalls im Schneckentempo anläuft, befeuern Politiker über alle Parteigrenzen hinweg Debatten über noch frühere Ausstiegstermine. Das ist schlicht unseriöses Harakiri!
Völlig schräg läuft die sozialpolitische Debatte im Land. International werden wir um eines der besten Sozialsysteme der Welt beneidet. Und dennoch wird die parteiübergreifende Koalition der deutschen Umverteilungspolitiker nicht müde, ständig nach neuen Gerechtigkeitslücken zu suchen. Mit Verve werden nahezu täglich neue Vorschläge für Verbote, Regulierungen oder Enteignungen gemacht. Fahrlässig werden hier Wohlstand und Arbeitsplätze und damit auch gesellschaftlicher Zusammenhalt aufs Spiel gesetzt. Deutschland scheint mehr und mehr der marktwirtschaftliche Kompass abhanden zu kommen.
Dies alles geschieht in einer Zeit massiver Verschiebungen der globalen Kräfteverhältnisse. Ein gelenkter Staat wie China und ein zutiefst protektionistisch denkender US-Präsident sind dabei, die Spielregeln der globalisierten Welt neu zu klären – derzeit sogar unter Inkaufnahme eines Handelskriegs. Für den Wohlstand der Exportnation Deutschland hätte dies unabsehbare Folgen. Wenn unser Land in einem Vereinten Europa diese Spielregeln mitgestalten will, dann müssen wir dringend zu einem neuen Grundempfinden für die Bedeutung der Wirtschaft und vor allem der Industrie für die Zukunftschancen der Bürger unseres Landes zurückfinden.
Die Soziale Marktwirtschaft ist das Fundament für unsere freie Gesellschaft. Ich erwarte deshalb eine gesellschaftspolitische Debatte, in der vor allem die junge Generation mitgenommen werden muss. Ihr enormes Engagement für den Klimaschutz zeigt, dass sie alles andere als politikverdrossen ist. Das macht Mut. Es ist jetzt Aufgabe verantwortungsvoller Politik, ihr ein realistisches Zukunftsbild zu entwerfen, das die großen Linien für Wirtschaft, Industrie, Sicherheit, Soziales, Klimaschutz, Generationengerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt zeichnet und verbindet.
Arndt Kirchhoff ist Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände NRW.