Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Herausforderer BVB macht Ernst
Borussia Dortmund ist auf dem Transfermarkt in die Vollen gegangen. Mats Hummels, Thorgan Hazard, Nico Schulz und Julian Brandt wurden verpflichtet. Doch was bekommt der BVB von diesen neuen Spielern?
Auf der Website steht das Wort zur Lage: „Nicht nachlassen!“. Es richtet sich zwar in erster Linie an die Nachwuchsabteilung von Borussia Dortmund, die gerade mal wieder eine deutsche Meisterschaft eingefahren hat – die sechste in Folge, für die diesmal die U19 zuständig war. Aber es könnte dem gesamten Klub gelten, der in der zurückliegenden Saison erstmals seit 2012 am Thron der Bayern rüttelte und der nun endgültig alle vornehme Zurückhaltung aufgibt. „Wir wollen Meister werden“, sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Der Ankündigung folgten Taten auf dem Transfermarkt. Mats Hummels (30) kehrte von den Münchnern zurück, Thorgan Hazard (26) kam von Borussia Mönchengladbach, Nico Schulz (26) aus Hoffenheim und Julian Brandt (23) aus Leverkusen. Darüber hinaus wurde die Kaufoption für Paco Alcacer (25) wahrgenommen. Stolze 127,5 Millionen Euro gab der BVB schon aus. Dem steht bislang lediglich eine Einnahme von 6,5 Millionen Euro gegenüber, weil Nachwuchsstürmer Alexander Isak an Real Sociedad verkauft wurde. Die Transfer-Zwischenbilanz der Dortmunder ist also vorläufig negativ, sie beträgt minus 121 Millionen Euro.
Daran wird sich vermutlich noch einiges ändern, weil der auch durch die vorübergehende Rückkehr von ausgeliehenen Spielern auf weit über 30 Profis aufgeblähte Kader entschlackt werden muss. So wird Shinji Kagawa wohl von Besiktas Istanbul fest verpflichtet, und so soll Maximilian Philipp mit dem VfL Wolfsburg vertragseinig sein.
Sicher ist, dass die für viel Geld herbeigeholten Neuen den Anspruch auf einen Stammplatz hegen dürfen. Sie alle sollen den Vizemeister der vergangenen Saison noch stärker machen. Was bekommt der BVB von den Neuen?
Mats Hummels ist der Königstransfer. Rund 38 Millionen Euro kostet die Rückkehr des Weltmeisters von 2014. 35 Millionen war er vor drei Jahren den Bayern wert, als er den umgekehrten Weg ging. Der BVB bekommt Hummels in guter Form. Der Verteidiger hatte ausgerechnet in seinen letzten Bayern-Tagen die beste Phase seiner Münchner Zeit. Vor allem im Pokalfinale gegen RB Leipzig zeigte er seine Klasse im Spielaufbau, im Zweikampf und sein Gefühl für den Raum. Dortmunds junge Verteidiger bekommen eine Führungsfigur. Und der Klub erhält einen begabten Öffentlichkeitsarbeiter. Im Erfolgsfall ist das schön, weil Hummels sehr einfallsreiche Wortbeiträge liefert. Im Misserfolgsfall eröffnet sich ein zusätzlicher Brandherd, weil Hummels vor allem Verständnis für seine eigenen Leistungen offenbart.
Nico Schulz wird das Problem mit dem linken Defensivflügel lösen können. Seine Schnelligkeit wird Dortmunds Spiel über die linke Flanke ankurbeln. Und er hat bei der Nationalmannschaft gezeigt, dass er höheren Ansprüchen gerecht wird.
Das kann man von Thorgan Hazard ebenfalls behaupten. Im hochwertig besetzten Angriff der Dortmunder sorgt der ehemalige Gladbacher zunächst mal für Konkurrenz. Ob er auf Anhieb Stammspieler wird, ist nicht heraus. Dazu müsste er gegenüber seinem letzten Halbjahr bei der niederrheinischen Borussia eine ordentliche Steigerung hinlegen.
Julian Brandt ist im zentralen offensiven Mittelfeld in Leverkusen die Entdeckung der Rückrunde gewesen. Er wird diese Rolle in Dortmund ebenfalls anstreben. Aber er hat es mit der größtmöglichen Konkurrenz zu tun. Auch Marco Reus fühlt sich auf der Position der sogenannten „10“am wohlsten. Und wenn der Kapitän auch nur annähernd seine Form hält, wird Brandt sich um einen anderen Arbeitsplatz im Team anstellen müssen. Vermutlich mal wieder auf den Flügeln, wo das Gedränge aber schon jetzt groß ist.
Die besten Chancen auf einen Stammplatz haben demnach Hummels und Schulz. Für alle gilt: Der Konkurrenzkampf bei Borussia Dortmund hat ein neues Niveau erreicht. Ein titeltaugliches Niveau.