Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

SPD sieht Bund und Land beim Ganztag in der Pflicht

- VON MARTIN OBERPRILLE­R

Die Schilderun­gen ließen an Dramatik kaum etwas zu wünschen übrig. Gleich eine ganze Reihe von Eltern war am Dienstagab­end zu der Sitzung des Schulaussc­husses ins pädagogisc­he Zentrum des Humboldtgy­mnasiums gekommen – wobei die eher ruhig und nüchtern vorgetrage­nen Erfahrungs­berichte aus dem Alltag vieler Familien ihre Wirkung bei den Politikern nicht verfehlten.

Da war die Rede von Müttern, die aufgrund fehlender Betreuungs­möglichkei­ten für ihr Kind nicht mehr wissen, wie es nach den Sommerferi­en auf ihrer Arbeitsste­lle weitergehe­n soll. Andere Eltern wiederum berichtete­n von dem Stress, der zu Hause ausbricht, wenn unklar ist, wer sich nachmittag­s um den Sohn oder die Tochter kümmert. Und ein Vater brachte seine Sorge zum Ausdruck, das eigene Kind könne in der Schule zurückfall­en, weil es – im Gegensatz zu Klassenkam­eraden – eben nicht in den Genuss eines Platzes im Offenen Ganztag kommt.

Dass solche Ängste real sind, daran bestand für die Mitglieder des Schulaussc­husses jedenfalls kein Zweifel. Denn obwohl die Stadt in der Sitzung am Dienstag angekündig­t hatte, im neuen Schuljahr zusätzlich fünf weitere OGS-Gruppen einzuricht­en, herrschte unter den Politikern der unterschie­dlichen Parteien doch Einigkeit darüber, dass diese Aufstockun­g des Angebots bei weitem nicht ausreichen wird.

Im Gegenteil: Nach den bislang bekannten Daten für den neuen Schulentwi­cklungspla­n, der im Oktober vorliegen soll, gehen die Beamten im Rathaus um Schuldezer­nentin Dagmar Becker (Grüne) davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren rund 15 weitere Gruppen an Grundschul­en gebraucht werden – weswegen die SPD nun einmal mehr in die Offensive geht und von Bund sowie Land Maßnahmen verlangt.

So wird die sozialdemo­kratische Fraktion für die nächste Sitzung des Stadtrates am 4. Juli einen Resolution­sentwurf vorlegen, in dem die Bundes- und die Landesregi­erung aufgeforde­rt werden, den Offenen Ganztag an Grundschul­en „wie im Kita-Bereich umfassend finanziell abzusicher­n“.

„Die Diskussion im Ausschuss hat sehr deutlich gemacht, dass wir nach der Kita-Phase eine deutliche Lücke im Angebot haben“, sagte jetzt SPD-Fraktionsc­hefin Iris Preuß-Buchholz. Dies habe zur Folge, dass die Grundschul­en „ständig entscheide­n müssen, wer denn der schlimmste Härtefall ist“. Eine Situation, die aus Sicht der SPD so nicht bleiben darf, weswegen die Partei, die mit einer breiten Zustimmung für ihre Resolution rechnet, nun vor allem die Solinger Bundesund Landtagsab­geordneten am Zug sieht.

Die Grünen lobten derweil am Mittwoch noch einmal die Stadtspitz­e für die Entscheidu­ng, fünf neue OGS-Gruppen zu schaffen. Die Zusammenar­beit der grünen Dezernenti­n Becker mit dem „rot-grünen“Oberbürger­meister Tim Kurzbach (SPD) habe sehr gut funktionie­rt, resümierte Grünen-Fraktionss­precherin Martina Zsack-Möllmann. Nun gelte es, die finanziell­en Belastunge­n dauerhaft zu stemmen, so Zsack-Möllmann.

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