Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Gerangel um Spitzenplatz in der NRW-CDU
Vor der nächsten Bundestagswahl ist in der NRW-CDU ein Wettbewerb der Zwölfender – sprich der Platzhirsche – zu erwarten. Gleich fünf Politiker könnten Anspruch auf Listenplatz eins erheben. Unter ihnen ist der mögliche nächste Kanzlerkandidat.
Planmäßig findet die nächste Bundestagswahl erst in zwei Jahren statt – im September 2021. In der nordrhein-westfälischen CDU hat aber längst das Tauziehen begonnen, wer für den Bundestag auf dem ersten Listenplatz antreten darf. Mögliche Anwärter für die Poleposition gibt es eine ganze Reihe.
Die naheliegende Lösung wäre, dass Fraktionschef Ralph Brinkhaus den Zuschlag bekommt. Der Westfale hat zwar nicht alle Hoffnungen in der Fraktion erfüllen können, die nach seinem Überraschungssieg 2018 über Volker Kauder im Kampf um den Fraktionsvorsitz
Die naheliegende Lösung wäre, dass Fraktionschef Ralph
Brinkhaus den Zuschlag bekommt
in ihn gesetzt wurden – respektiert und wohlgelitten ist er dennoch in den eigenen Reihen. „Das steht ihm zu“, ist die Auffassung zahlreicher CDU-Politiker aus NRW. Zumal die Chancen für Brinkhaus, erneut zum Fraktionschef gewählt zu werden, größer sind, wenn auch sein eigener Landesverband ihm eine herausgehobene Position gibt.
Dem Vernehmen nach erwägt aber auch Friedrich Merz, sich noch einmal um ein Bundestagsmandat zu bewerben, und liebäugelt mit Listenplatz 1 in NRW. Als Kanzlerkandidat kommt er eher nicht mehr infrage. Nach dem CDU-Parteitag im Dezember 2018, auf dem er Annegret Kramp-Karrenbauer in der Kampfkandidatur um den CDU-Vorsitz unterlegen war, hatten seine Anhänger gehofft, geradezu gefleht, er möge sich weiter in der Partei engagieren. Dies hat er – abgesehen von seiner unspektakulären Position als stellvertretender Vorsitzender des CDU-Wirtschaftsrats – nicht getan. Bei vielen Funktionären, die über Jahre die sogenannte Ochsentour in der Partei gegangen sind, hat das Unmut ausgelöst. Dennoch kann Friedrich Merz selbstverständlich noch einmal in den Bundestag einziehen. Er wird auch als möglicher Minister für Finanzen oder Wirtschaft gehandelt. Dass ihm seine Partei den ersten Listenplatz bei einer Bundestagswahl gibt, ist angesichts der Entfremdung zwischen ihm und den Funktionären aber eher unwahrscheinlich.
Anspruch auf die prestigeträchtige Positionierung können rein formal auch die Bundesminister Jens Spahn und Anja Karliczek erheben. Die Bildungsministerin gilt zwar als eher schwache Besetzung, sie ist aber die einzige CDU-Spitzenfrau aus Nordrhein-Westfalen. Damit dürfte sie zumindest auf einem der vorderen Plätze landen. Spahn wiederum hat sich im vergangenen Jahr im Amt als Gesundheitsminister und im parteiinternen Wettkampf um den Vorsitz große Reputation erarbeitet.
Brinkhaus, Spahn und Karliczek sind alle drei nicht auf einen guten Listenplatz angewiesen, da ihre Wahlkreise sämtlich in CDU-Hochburgen liegen. Für die parteiinterne Hackordnung ist es dennoch von Bedeutung, wer an welcher Stelle auf der Liste auftaucht.
Schließlich ist auch der nordrheinwestfälische CDU-Chef und Ministerpräsident Armin Laschet im Rennen. Es ist offen, wer für die Union als Kanzlerkandidat antritt. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist trotz ihrer Pannenserie nicht raus aus dem Rennen. Als Vorsitzende hat sie zudem das Vorrecht, den Kanzlerkandidaten vorzuschlagen, und damit das erste Zugriffsrecht auf die Kandidatur. Allerdings müssen sich ihre persönlichen Umfragewerte verbessern, damit ihre mögliche Kandidatur auch die notwendige Rückendeckung in der Partei findet. Ansonsten könnte es auch auf eine Kanzlerkandidatur von Laschet zulaufen. Diese wiederum müsste mit Platz 1 auf der NRW-Liste der CDU für den Bundestag verbunden sein. Zwar kann in Deutschland auch Bundeskanzler werden, wer nicht im Bundestag sitzt. Es wäre aber ein komisches Signal, eine Kanzlerkandidatur nicht mit einem Bundestagsmandat verbinden zu wollen.
Im Wartestand für eine Kanzlerkandidatur steht auch der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Er hat zwar öffentlich sein Desinteresse an dem Amt bekundet, sich aber mit dem Verweis darauf, dass ein bayerischer Ministerpräsident und CSU-Chef immer auch als möglicher Kanzlerkandidat infrage kommt, durchaus noch eine Hintertür offenstehen lassen.