Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Firmen-Dating in der Schul-Aula
Unternehmen stellen sich im Berufskolleg Technik in angenehmer Atmosphäre potenziellen Auszubildenden vor.
„Die Ware Schüler ist eine nachgefragte“, sagt Oliver Lang. Und „Ware“meint er keinesfalls abschätzig. Eher im Gegenteil. Der Schulleiter am Remscheider Berufskolleg Technik beobachtet seit Jahren, dass Firmen immer größere Anstrengungen unternehmen müssen, um die richtigen Azubis zu finden. „Matching“sei das Zauberwort, so Lang, also die größtmögliche Übereinstimmung zwischen den Bedürfnissen des Ausbildungsbetriebs und den Interessen des Azubis. Und eine mögliche Lösung für diese Herausforderung sei das Firmendating, das nun zum zweiten Mal am Berufskolleg stattfand.
Das Format ist im Prinzip simpel: In der Aula warten Vertreter der teilnehmenden Firmen, Personaler, Ausbilder und auch Azubis an Tischen auf interessierte Schüler. In einem kurzen Gespräch stellt man sich gegenseitig vor – und lotet eine mögliche Zusammenarbeit aus. Eingeladen dazu sind ausdrücklich nicht nur Schüler des Berufskollegs, sondern aller weiterführenden Remscheider Schulen ohne gymnasiale Oberstufe. „Wir sehen uns da als Mittler“, sagt Oliver Lang. „Wir als Berufskolleg haben ja die Verbindungen in die Wirtschaft.“
Ziel sei ein niederschwelliges Angebot in einer lockeren Atmosphäre, sagt Niko Brkljacic. „Das ist ja kein Vergleich zu einem Vorstellungsgespräch, wir sind in der Aula, die Kumpel stehen dabei, die Firmenvertreter sind locker gekleidet.“Schulsozialarbeiter Brkljacic hat das Firmendating zusammen mit Lehrerin Ulrike Kohl organisiert. „Das ist ein Event, das einfach passt.“
Das zeigen auch die Zahlen: 186 Schüler hatten sich für die Premiere vor einem Jahr angemeldet, diesmal waren es rund 250. Und auch die Firmen nehmen das Angebot gerne an. „Wir wollten eigentlich nur 20 Anmeldungen“, sagt Oliver Lang. Wegen der großen Nachfrage habe man schließlich auf 25 Teilnehmer erweitert. „Nach 14 Tagen waren alle Plätze vergeben“, so Lang.
Zum Erfolgsrezept gehört sicherlich auch, dass die Schüler auf freiwilliger Basis teilnehmen. „Das war für uns ein ganz wichtiger Punkt“, sagt Caroline Vogt, Leiterin Ausbildung bei Vaillant. Der Heiz- und Klimatechnik-Hersteller ist zum ersten Mal beim Firmendating vertreten – und Caroline Vogt ist schon nach kurzer Zeit von der Veranstaltung angetan: „Die kurzen Wege und die komprimierte Form ermöglichen es, in kurzer Zeit viele gute Gespräche zu führen.“
Selbst eine Firma wie Vaillant muss sich inzwischen aktiv um Azubis bemühen. „Wir sind derzeit noch in der glücklichen Lage, relativ viele Bewerbungen zu bekommen“, sagt Vogt. „Aber darauf darf man sich natürlich nicht ausruhen.“Zumal nicht nur Remscheider Firmen auf Remscheider Schüler schielen.
Unter den Teilnehmern des Firmendatings, vom Weltkonzern wie Vaillant bis zur Autowerkstatt, sind auch Unternehmen aus der Nachbarschaft. Obi aus Wermelskirchen zum Beispiel, die Barmenia aus Wuppertal und auch Pflitsch aus Hückeswagen. „Wir sind schon länger regional unterwegs“, sagt Ramona Däumer, die die kaufmännische
Ausbildung bei dem Hückeswagener Hersteller von Kabelkanälen und -verschraubungen verantwortet. „Unsere Azubis kommen vielleicht zu 25 Prozent aus Hückeswagen.“Für die restlichen Ausbildungsplätze bediene man sich in den umliegenden Städten. Und damit auch in Remscheid.
„Es läuft gut“, zieht Däumer schon nach einer Stunde ein erstes Fazit. „Die Schüler sind interessiert und gut vorbereitet.“Das sei auf „normalen“Ausbildungsmessen sonst, trotz wesentlich mehr Besuchern, meist nicht so gut.
Derweil denkt man am Berufskolleg Technik schon über den nächsten Schritt nach, um das Zusammentreffen von Firmen und zukünftigen Azubis noch weiter zu individualisieren. „Die Firmen wollen gar nicht vor ganzen Klassen stehen, von denen 22 Leute nur ihren Bauchnabel suchen“, sagt der Sozialarbeiter. Deswegen richte man aktuell einen eigenen Raum ein, berichtet Schulleiter Lang. Dort könnten dann Firmenvertreter gezielt bestimmte Ausbildungsberufe vorstellen, vor ausgewählten Schülergruppen von maximal vier bis acht Interessierten.