Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Landwirte testen die Unkrauthacke
Zusammen mit Wasserwirtschaftlern erproben die Maisbauern ein altes Werkzeug in neuem High-Tech-Gewand. Ziel ist es, den Einsatz von chemischen Herbiziden zu verringern und so die Qualität des Trinkwassers zu sichern.
Weltweit ist Glyphosat das am meisten eingesetzte Unkrautvernichtungsgift. Das Herbizid wird nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in privaten Haushalten eingesetzt. Wer Zuhause lästiges Gras aus Terrassenfugen entfernen will, sprüht „Roundup“. Allerdings nur noch bis 2023. Dann wird Glyphosat, das bundesweit auf etwa 40 Prozent der landwirschaftlichen Flächen genutzt wird, verboten.
Da stellt sich für Landwirte die Frage, wie künftig gegen Unkraut auf den Feldern vorgegangen wird, das dem gerade ausgesäten Mais wichtige Nährstoffe zum Wachsen entzieht, und dabei trotzdem den Einsatz von chemischen Herbiziden zu verringern. Eine Alternative zu Glyphosat und Co kann die Unkrauthacke sein.
Unkraut aus dem Boden zu hacken, ist keine neue Erfindung. Aber heute gibt es die Unkrauthacke in einer High-Tech-Variante. Diese wird an einen Traktor angekoppelt und zieht dann auf dem Feld aus acht Maisreihen gleichzeitig das Unkraut heraus. „Der Boden wird dabei nicht durchmischt, damit sich nicht andere Lichtkeimer den Weg nach oben bahnen“, sagt Landwirt Benedikt Deppe aus Wermelskirchen, der auch Beiratssprecher der Wasserkooperation Bergisches Land ist. Außerdem bleiben bereits gesäte Nutzpflanzen stehen. Dafür sorgt eine Kamera, die auch in bergischen Regionen am Hang verhindert, dass die Spur „verreißt“.
Seit Mai wird die Unkrauthacke, die bereits erfolgreich in flacheren Regionen eingesetzt wird, im landschaftlich anspruchsvollen Bergischen Land eingesetzt. Die sechsjährige Testphase findet in einer Kooperation von Wupperverband, Aggerverband, den Stadtwerken Solingen, der EWR GmbH und den landwirtschaftlichen Betrieben im Einzugsgebiet der Trinkwassertalsperren statt.
Fünf Landwirte aus Wermelskirchen und Wipperfürth haben 80 Hektar Fläche für den ersten Versuch zur Verfügung gestellt. 2021 sollen es 40 Maisanbauer sein, die auf chemische Unkrautvernichter verzichten und stattdessen die Unkrauthacke zum Einsatz bringen.
Dass sich jeder von ihnen ein eigenes Gerät anschafft, scheitert an den Kosten für das Werkzeug. 79.000 Euro kostet das Gerät, das von den Kooperationspartnern gemeinsam finanziert wird, die außerdem die Landwirte in der Testphase finanziell unterstützen. Für sie ist das Versuchsstadium nämlich auch ein Risiko, weiß Benedikt Deppe: „Durch die Trockenheit der letzten Jahre gibt es eine Futterknappheit. Deshalb haben einige Landwirte gespritzt, um auf Nummer sicher zu gehen, dass sie auch genug Futter für ihre Tiere ernten können.“
Auch das Zeitfenster, in dem das Unkraut mechanisch bekämpft werden kann, ist mit ungefähr drei Wochen relativ klein. „Wir brauchen trockenes Wetter, um mit der Hacke zu arbeiten“, sagt Deppe. „Es muss stauben beim Fahren. Wir starten, wenn der Mais etwa zehn Zentimeter hoch steht und bearbeiten dann jede Fläche bis zu dreimal, bis der Mais zu hoch ist, als dass wir noch fahren könnten.“
Für den Testlauf der Kooperation hat er deshalb seinen Mitarbeiter Benjamin Simon abgestellt, der mit Trecker und Unkrauthacke zu den Landwirten aufs Feld fährt. Knapp eine Stunde braucht er pro Hektar. „Wir mussten selbst erstmal ausprobieren, wie sich die Unkrauthacke auf dem bergischen Boden macht und wie man hier vor allem am Hang am besten fährt“, sagt Benjamin Simon, der mit dem High-Tech-Gerät im letzten Durchgang auch wieder neues Gras zwischen den Mais sät.
Was erstmal wie ein Witz klingt, weil das Gras im Frühjahr wieder weichen muss, macht über den Winter aber Sinn. Zum einen sorgt die Grassaat dafür, dass der Boden bei starken Regenfällen nicht wegschwemmt und zum anderen hält die Grasuntersaat Nährstoffe wie Stickstoff im Boden – was dabei hilft, den Einsatz von künstlichem Dünger zu reduzieren. Außerdem wird so der Nitrateintrag in Gewässer minimiert. Ohne die Grasuntersaat würden die Stoffe in tiefere, wasserführende Bodenschichten gelangen und so in die Bachläufe geraten.
„Wir können bisher keine negativen Auswirkungen durch den Einsatz von Glyphosat auf den Feldern auf die Qualität des Wassers feststellen“, sagt Alexandra Preuß-Ochsel vom Wupperverband. Damit das vor allem in der Nähe der Trinkwassertalsperren auch so bleibt, werden Alternativen wie die Unkrauthacke getestet.