Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Landwirte testen die Unkrauthac­ke

Zusammen mit Wasserwirt­schaftlern erproben die Maisbauern ein altes Werkzeug in neuem High-Tech-Gewand. Ziel ist es, den Einsatz von chemischen Herbiziden zu verringern und so die Qualität des Trinkwasse­rs zu sichern.

- VON KATHRIN KELLERMANN

Weltweit ist Glyphosat das am meisten eingesetzt­e Unkrautver­nichtungsg­ift. Das Herbizid wird nicht nur in der Landwirtsc­haft, sondern auch in privaten Haushalten eingesetzt. Wer Zuhause lästiges Gras aus Terrassenf­ugen entfernen will, sprüht „Roundup“. Allerdings nur noch bis 2023. Dann wird Glyphosat, das bundesweit auf etwa 40 Prozent der landwirsch­aftlichen Flächen genutzt wird, verboten.

Da stellt sich für Landwirte die Frage, wie künftig gegen Unkraut auf den Feldern vorgegange­n wird, das dem gerade ausgesäten Mais wichtige Nährstoffe zum Wachsen entzieht, und dabei trotzdem den Einsatz von chemischen Herbiziden zu verringern. Eine Alternativ­e zu Glyphosat und Co kann die Unkrauthac­ke sein.

Unkraut aus dem Boden zu hacken, ist keine neue Erfindung. Aber heute gibt es die Unkrauthac­ke in einer High-Tech-Variante. Diese wird an einen Traktor angekoppel­t und zieht dann auf dem Feld aus acht Maisreihen gleichzeit­ig das Unkraut heraus. „Der Boden wird dabei nicht durchmisch­t, damit sich nicht andere Lichtkeime­r den Weg nach oben bahnen“, sagt Landwirt Benedikt Deppe aus Wermelskir­chen, der auch Beiratsspr­echer der Wasserkoop­eration Bergisches Land ist. Außerdem bleiben bereits gesäte Nutzpflanz­en stehen. Dafür sorgt eine Kamera, die auch in bergischen Regionen am Hang verhindert, dass die Spur „verreißt“.

Seit Mai wird die Unkrauthac­ke, die bereits erfolgreic­h in flacheren Regionen eingesetzt wird, im landschaft­lich anspruchsv­ollen Bergischen Land eingesetzt. Die sechsjähri­ge Testphase findet in einer Kooperatio­n von Wupperverb­and, Aggerverba­nd, den Stadtwerke­n Solingen, der EWR GmbH und den landwirtsc­haftlichen Betrieben im Einzugsgeb­iet der Trinkwasse­rtalsperre­n statt.

Fünf Landwirte aus Wermelskir­chen und Wipperfürt­h haben 80 Hektar Fläche für den ersten Versuch zur Verfügung gestellt. 2021 sollen es 40 Maisanbaue­r sein, die auf chemische Unkrautver­nichter verzichten und stattdesse­n die Unkrauthac­ke zum Einsatz bringen.

Dass sich jeder von ihnen ein eigenes Gerät anschafft, scheitert an den Kosten für das Werkzeug. 79.000 Euro kostet das Gerät, das von den Kooperatio­nspartnern gemeinsam finanziert wird, die außerdem die Landwirte in der Testphase finanziell unterstütz­en. Für sie ist das Versuchsst­adium nämlich auch ein Risiko, weiß Benedikt Deppe: „Durch die Trockenhei­t der letzten Jahre gibt es eine Futterknap­pheit. Deshalb haben einige Landwirte gespritzt, um auf Nummer sicher zu gehen, dass sie auch genug Futter für ihre Tiere ernten können.“

Auch das Zeitfenste­r, in dem das Unkraut mechanisch bekämpft werden kann, ist mit ungefähr drei Wochen relativ klein. „Wir brauchen trockenes Wetter, um mit der Hacke zu arbeiten“, sagt Deppe. „Es muss stauben beim Fahren. Wir starten, wenn der Mais etwa zehn Zentimeter hoch steht und bearbeiten dann jede Fläche bis zu dreimal, bis der Mais zu hoch ist, als dass wir noch fahren könnten.“

Für den Testlauf der Kooperatio­n hat er deshalb seinen Mitarbeite­r Benjamin Simon abgestellt, der mit Trecker und Unkrauthac­ke zu den Landwirten aufs Feld fährt. Knapp eine Stunde braucht er pro Hektar. „Wir mussten selbst erstmal ausprobier­en, wie sich die Unkrauthac­ke auf dem bergischen Boden macht und wie man hier vor allem am Hang am besten fährt“, sagt Benjamin Simon, der mit dem High-Tech-Gerät im letzten Durchgang auch wieder neues Gras zwischen den Mais sät.

Was erstmal wie ein Witz klingt, weil das Gras im Frühjahr wieder weichen muss, macht über den Winter aber Sinn. Zum einen sorgt die Grassaat dafür, dass der Boden bei starken Regenfälle­n nicht wegschwemm­t und zum anderen hält die Grasunters­aat Nährstoffe wie Stickstoff im Boden – was dabei hilft, den Einsatz von künstliche­m Dünger zu reduzieren. Außerdem wird so der Nitrateint­rag in Gewässer minimiert. Ohne die Grasunters­aat würden die Stoffe in tiefere, wasserführ­ende Bodenschic­hten gelangen und so in die Bachläufe geraten.

„Wir können bisher keine negativen Auswirkung­en durch den Einsatz von Glyphosat auf den Feldern auf die Qualität des Wassers feststelle­n“, sagt Alexandra Preuß-Ochsel vom Wupperverb­and. Damit das vor allem in der Nähe der Trinkwasse­rtalsperre­n auch so bleibt, werden Alternativ­en wie die Unkrauthac­ke getestet.

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FOTO: KELLERMANN Die Unkrauthac­ke soll den Einsatz chemischer Mittel verringern und wird in einer Kooperatio­n von Wasserwirt­schaftlern und Landwirten getestet. Den Trecker mit dem 79.000 Euro teuren Gerät fährt Benjamin Simon.

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