Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Coco Teuber holt den Beat nach Solingen
Die Einflüsse der 1960er waren in der Musikszene der Klingenstadt in allen nachfolgenden Jahrzehnten zu spüren. Bands wie The Cheeks, Cave 4 oder die Radiation Kings bestimmten in den 90ern den kraftvollen Rock City No. 1-Sound.
Wenn man anfängt, zu einem so großen Thema wie der Rockgeschichte einer ganzen Stadt zu forschen, begegnen einem auf dem Weg immer wieder neue Musiker und Bands, die man vorher nicht kannte oder deren Bedeutung einem schlichtweg bis dato nicht klar waren. Daher greife ich in zwei Teilen spannende musikalische Phänomene auf, die in dieser Reihe bislang zu wenig Beachtung fanden.
„Wir haben die Stones gecovert, aber auch die Kinks und andere härtere Sachen“
Coco Teuber
Mods
Eine Solinger Legende, deren Geschichte bislang nur am Rande gestreift wurde, ist die von Wolfgang „Coco“Teuber und seiner Band Mods. Sie waren in den frühen
1960ern das wilde Gegenstück zu den harmonieverliebten Lonestars. „Wir haben die Stones gecovert, aber auch die Kinks und andere härtere Sachen“, erzählt Sänger Coco Teuber, der in England die Beatles und Stones live gesehen hatte, bevor sie hierzulande erfolgreich wurden. „Für mich war das der Auslöser selbst Musik zu machen“, so Teuber. „Im heutigen Feuervogel am Weyer haben wir unter dem Namen The Howling Dogs angefangen“, so Teuber.
Umbenannt in The Mods, spielten sie viele sagenumwobene Konzerte im Rheinischen Hof am Schlagbaum gegenüber vom Theater. „Mitte der
60er standen wir dann vor der Entscheidung, Profis zu werden, aber weil ein paar von uns beruflich gebunden waren ging das nicht und wir haben uns aufgelöst.“Teuber orientierte sich in Richtung Düsseldorf und gründete zusammen mit dem Gitarristen Houschäng Nejadepour, der später auch bei den frühen Kraftwerk mitmischte, die Band The Smash. „Wir haben Hendrix und Cream gecovert und als Vorband von den Small Faces in der Düsseldorfer Rheinhalle gespielt. Das war 1968 – ich weiß das noch genau, weil an dem Abend mein Vater gestorben ist“, erinnert sich Teuber.
Mit einer Neubesetzung der Mods kam es Ende der 1970er zu einer Reunion. Am 30. April 1981 ließ Peter Braatz von S.Y.P.H. sein Aufnahmegerät mitlaufen. Das Ergebnis ist auf Vinyl erschienen und das einzige bekannte Tondokument der Band. Ab
1981 brachte Teuber als Veranstalter mit seinem Kellerkino frischen Wind in die Stadt und sorgte für unzählige legendäre Abende.
2001 war er auch im „Mr. Rain“-Video der Solinger Band The Cheeks zu sehen. Die Power-Pop Combo um Sänger Volker Konopatzki kam 1995 auf den Plan. „Anfang der 90er hatten wir das 60s-Revival schon durch und orientierten uns in Richtung
70s Power-Pop“, erzählt Konopatzki. Wie schon vorher bei den Embryonics spielte auch hier Gitarrist Lutz Räuber eine entscheidende Rolle. „Lutz war immer der erste, der merkte, wenn es eine neue Sparte zu entdecken gab.“So waren die ersten beiden Cheeks-Alben stark geprägt von kraftvollem Power-Pop, doch nicht zuletzt durch diverse Besetzungswechsel verschob sich der Sound der Band wieder in Richtung
60s. Mit dem Dortmunder Gitarristen und Komponisten Chris Riza gelangen ihnen noch zwei wunderbare
Neo-60s Platten, bevor es 2014 vorbei war. Seit kurzem machen Konopatzki und Riza unter dem Namen Velvet Attack wieder zusammen Musik. Die bereits veröffentlichten Songs lassen hier Großes erahnen.
Eine weitere schillernde Figur, die aus der Solinger Neo-60s Szene entwuchs, ist der mittlerweile in Köln lebende Schlagzeuger, Sänger und Lebenskünstler Seb Hinkel. Geboren 1976 am Tag der Veröffentlichung des Sex Pistols Hits „Anarchy In The UK“, genoss er durch seinen Onkel eine musikalische Früherziehung, die ihn von Merseybeat und den Stones bis hin zu Udo Lindenberg und Iggy Pop führte. Mit seiner
Band The Radiation Kings veröffentlichte er 1998 mit „Welcome On Board“eine der intensivsten Solinger Platten der Zeit. Später arbeitete er als TV- und Print-Redakteur. Zuletzt spielte er just unter anderem zusammen mit Rausch-Schlagzeuger Wolly Düse Lindenberg-Songs aus der Corona-Quarantäne.
Als Surf-Instrumental-Band gegründet, sorgten ab 1992 Cave 4 für ein neues Aroma im Solinger Musik-Eintopf. Ihre rein instrumentalen Shows irritierten anfangs zwar noch einige Zuhörer. „Doch 1994 hat Pulp Fiction diese Art von Musik wieder populär gemacht“, erinnert sich Lead Gitarrist Oliver Scherf. Dann kamen die amerikanischen Vorbilder nach Europa und Cave 4 konnten als Support dabei sein. „Unsere Konzerte zusammen mit Surf-Legende Dick Dale waren für mich absolute Highlights“, erzählt Scherf. Geprobt wurde in einem Gewölbe unter Coco Teubers Kellerkino. Auch die Soundpalette wurde mit der Zeit erweitert und es kamen Songs mit Gesang dazu. „Ein guter Motor, um über unseren Schatten zu springen, war Jörg Stuhldreier“, so Scherf. 2011 war nach drei Alben und unzähligen Auftritten Schluss.
Christian Burkatzki ist ein wichtiger Name in der Solinger Rockszene. Mit seiner Band The Loaded Dice debütierte er 1990 in Cocos Kellerkino. In ihrem so eleganten wie treibenden 70s-Rock verschmelzen sie bis heute ihre Einflüsse von Neil Young bis zu den Stones in tollen Eigenkompositionen, bei denen die eigene Persönlichkeit nie zu kurz kommt.