Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Zwölf Quadratmeter pro Sänger müssen eingeplant werden
(axd) Viele Freizeitaktivitäten mussten zu Beginn der Corona-Pandemie auf Eis gelegt werden. Einige Dinge sind nun wieder möglich, so auch das Singen im Chor. Doch gelten dabei ganz besondere Abstandsregeln, die für manche Chöre zur Herausforderung werden. Vier Meter Abstand zum Vordermann und drei Meter zur Seite – insgesamt zwölf Quadratmeter pro Sänger müssen eingeplant werden, erklärt Andreas Imgrund, Vorsitzender des Bergischen Chorverbands Solingen-Wuppertal. „Viele Chöre haben keine Räume, die solch einen Abstand zulassen. Einige Gemeindesäle sind generell noch geschlossen“, so Imgrund.
So probt der Bergische Männerchor in der Dorper Kirche beispielsweise zurzeit nicht. „Die einzige Möglichkeit wäre, die einzelnen Stimmen zu proben, aber das macht keinen Sinn“, sagt Jürgen Gerhards, Beisitzer des Chors. Der Chorleiter singe deshalb momentan eine CD ein, damit die Mitglieder ihre Stimmen zu Hause üben können. „Wir sind kein junger Chor mehr“, sagt Gerhards. Viele Mitglieder gehören deshalb zur Risikogruppe.
Ähnlich wie der Bergische Männerchor hat es Elisabeth Szakács gemacht, die den Chor Unisono leitet. Sabine Rische, Vorsitzende des dazugehörigen Fördervereins „W4ir Stimmen für Ketzberg“, berichtet: „Wir haben früh angefangen, unsere Proben über das Videoportal Zoom zu machen. Alle, die zu einer Stimme gehörten, waren verbunden. So konnten wir die Chorleiterin hören, die unsere Stimmen eingespielt hat, und jeder für sich zu Hause üben.“
Mittlerweile singe der Chor Unisono wieder gemeinsam in kleinen Gruppen. Für 45 Minuten dürfen sich acht Sänger gleichzeitig im Probenraum
befinden, wenn alle Abstandsregeln eingehalten werden. Dann singe entweder eine Gruppe gemeinsam eine Stimme oder es entstehe ein „Mini-Chor mit acht Leuten aller Stimmen“, so Rische. Sie hoffe nun darauf, bei gutem Wetter
im Freien proben zu können.
Eine ganz andere Lösung hat die Chorakademie gefunden, die zurzeit in der Fabrikhalle Evertz proben kann. Auf einer Fläche von mehr als 2000 Quadratmetern könne mit allen Mitgliedern gesungen werden, berichtet Ingrid Goethe-Fliersbach, die den Kinderchor leitet. „Das ist für alle Teilnehmer eine ungewöhnliche Akustik. Aber das ist nicht zum Nachteil, so lernen sie ihre eigene Stimme kennen und die Kinder können testen, was sie schon alleine können“, sagt sie. Sie nutze die Zeit ohne Auftritte, um ein Musical auf die Beine zu stellen. Das benötige Zeit und motiviere die Kinder. Über Zoom werden die Gesangsstunden für diejenigen nach Hause übertragen, die noch nicht wieder zu den
Proben kommen wollen.
Neben dem Singen steht in den Chören aber auch das gesellige Beisammensein im Vordergrund. „Wir treffen uns zu Besprechungen und zum töttern“, berichtet Jürgen Gerhards vom Bergischen Männerchor. Dazu rät auch Andreas Imgrund. „Man kann sich ja anders beschäftigen, um das Vereinsleben aufrechtzuerhalten“, sagt er. Auch wenn die Einnahmen aus den abgesagten Konzerten fehlen, sehen sich die Chöre derzeit nicht existenzbedroht. „Es ist schwierig für die Musiker, die damit ihr Geld verdienen“, sagt Rische. Viele Vereine bezahlen ihre Chorleiter auch weiterhin, erklärt Imgrund. „Das ist ein gemeinsames solidarisches Miteinander“, sagt er.