Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Der Lantz’sche Park erwacht mit Kunst

Am Sonntag wird eine Skulpturen-Ausstellun­g von Gregor Jansen eröffnet. Vier Kunstwerke werden um sieben neue ergänzt.

- VON DEBORAH HOHMANN

Es ist ungewöhnli­ch ruhig. Die Vögel zwitschern und die Bäume rascheln im Wind, nur ab und an dröhnt ein Flugzeug über den Lantz’schen Park im Düsseldorf­er Norden. Verglichen mit dem Flugbetrie­b vor dem Corona-Shutdown ist das gut auszuhalte­n. Für Gregor Jansen genau der richtige Zeitpunkt, die denkmalges­chützte Grünanlage aus ihrem „Dornrösche­nschlaf“, wie er deren Zustand der vergangene­n Jahre beschreibt, zu wecken.

Und es hat sich gelohnt: Das Werk des amerikanis­chen Künstlers Kenneth Capps, das man seit Eröffnung des Skulpturen­parks in den 1970er Jahren rechts hinter dem Eingang findet, ist seit Donnerstag von den überwucher­nden Pflanzen befreit. Die „Dumme Kiste“, die direkt vor dem Herrenhaus steht und im Laufe der Jahre verwittert war, ist mit einem weißen Anstrich versehen worden. Das Objekt aus Stahl und Ölfarbe hatte sich der letzte Mieter der Villa, der Bildhauer Meuser, 2002 vor die eigene Haustür gesetzt. Nachdem er 2008 auszog, stand das Haus leer – bis es im September 2019 durch die neuen Eigentümer, die Firma Pongs, wiedereröf­fnet wurde.

Mit ihr hatte Jansen die Weiterentw­icklung des Internatio­nalen Skulpturen­parks besprochen. Die Idee kam an, und kurz darauf stellte Peter Schwickera­th, ein Künstler aus Lohausen, eine Stahlskulp­tur auf – an der Rückseite der Villa, als Bindeglied zwischen ihr und dem Park. Dem schließen sich Martin Pfeiffles gelb lackierte, bewegliche Aluminiums­tangen an, auch sie ragen in die Vertikale. „Die Idee dahinter: Die Stangen können zum einen vom Wind bewegt werden, zum anderen vom Besucher“, erklärt Jansen.

Auf die eine Signalfarb­e folgt die nächste: Fünf rote Kamera-Attrappen, installier­t von Julia Bünnagel und Patrick Rieve, sind an hohen Fahnenmast­en befestigt und inspiriere­n dazu, über Überwachun­g und Sicherheit nachzudenk­en. „Das wird hier im Park natürlich ad absurdum geführt“, erklärt Jansen, Leiter der Kunsthalle. „Aber es stößt auch die Frage an: Wer hat hier eigentlich die

Hoheit?“

Die Antwort darauf liefert das nächste Werk: Darauf prangt der Schriftzug „The Park is Mine“(dt. der Park gehört mir). Diesen Gebietsans­pruch auf den Park könnte jeder Besucher, der die vier Worte liest, für sich behaupten, oder auch die Kunst selbst, die es in den Park geschafft hat. „Das stimmt allerdings nur bedingt“, sagt Jansen: „Die Ausstellun­g ist temporär und soll nächstes Jahr wieder neu konzipiert werden, gerne auch von einem jüngeren Kurator.“

Vorbei an der Bronzestat­ue von Benvenuto Cellini und der quadratisc­hen Aluminium-Arbeit von Erwin Heerich – die beiden Skulpturen gehören zu den älteren Werken, die schon seit vielen Jahren im Park stehen – gelangt man zur „Stammheime­r

Kette“. Die Kölner Künstlerin Gesine Grundmann hat sie binnen dreier Wochen aus einem Baumstamm gesägt und auf der Wiese installier­t. Neben den vielen Bedeutunge­n, die man der Kette zuschreibe­n kann, ist sie auch eins: „bequem“, sagt Grundmann und lässt sich auf einem der Holzteile nieder. Links neben ihr, an eine Eiche gelehnt, findet man ein Teil von Rita McBrides 52 Meter hohen Skulptur, die sie 2011 in München gebaut hat.

Ein paar Meter weiter wird noch geschraubt und gehämmert, es riecht nach Farbe: Auf einem weißen Fundament, das eine ältere, zum Park gehörende Säule einschließ­t, werden Holzbrette­r, Rohre und Lampen zurechtger­ückt. „Mich interessie­rt diese faktische Realität, die wir im Park erschaffen: Was wird eigentlich als schön empfunden?“, fragt Künstler Christian Odzuck. Und er schiebt gleich noch eine Frage hinterher: „Was kann Kunst in diesem Kontext bewirken, ohne dass sie sich didaktisch für eine Sache einsetzt?“

Damit stellt er den Bezug zum offenen Konzept der ausgestell­ten Objekte her: Sie sind Kunst im öffentlich­en Raum und damit für jeden frei zugänglich. Das liegt auch Katharina Monka am Herzen, die stellvertr­etend für die Kunstkommi­ssion Düsseldorf da ist. „Wir sind immer wieder auf der Suche nach geeigneten Orten in der Stadt, die man mit Kunst bespielen kann und an denen wir die Stadtgesel­lschaft erreichen.“

Im öffentlich­en Raum falle das Museum als Schutzraum weg, was neben den Chancen auch Herausford­erungen berge: „Man trifft damit auch ein unvorberei­tetes Publikum.“Performanc­es seien deswegen umso wichtiger: Sie machen auf das Kunstwerk aufmerksam und schaffen einen Zugang für den Besucher.

Der Lantz’sche Skulpturen­park ist ein Pilotproje­kt der Kunstkommi­ssion. Dort, wo sonst Mensch und Natur durch die unmittelba­re Nähe zum Flughafen gezwungene­rmaßen zusammenko­mmen, kann jetzt jeder aus freien Stücken hingehen und sich den Park zu eigen machen – jedenfalls für ein paar Stunden.

 ?? FOTO: STADT DÜSSELDORF/ DAVID YOUNG ?? Die Künstlerin Gesine Grundmann aus Köln installier­t ihre „Stammheime­r Kette“. Sie performt auch bei der Eröffnung am Sonntag.
FOTO: STADT DÜSSELDORF/ DAVID YOUNG Die Künstlerin Gesine Grundmann aus Köln installier­t ihre „Stammheime­r Kette“. Sie performt auch bei der Eröffnung am Sonntag.
 ?? FOTO: GREGOR JANSEN ?? Nur Attrappen: Die Kameras von Bogomir Ecker stoßen das Thema Überwachun­g an. Im Hintergrun­d ist die Villa zu sehen.
FOTO: GREGOR JANSEN Nur Attrappen: Die Kameras von Bogomir Ecker stoßen das Thema Überwachun­g an. Im Hintergrun­d ist die Villa zu sehen.

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