Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Verband: Abwasserge­bühren zu hoch

„Haus und Grund“kritisiert Remscheid. Die Stadt wehrt sich und sagt: „Der Vergleich ergibt keinen Sinn.“

- VON BJÖRN BOCH UND MANUEL BÖHNKE

Unter den 100 größten Städten in Deutschlan­d liegt Remscheid bei den Abwasserko­sten auf Platz 71 – auf Platz 1 steht Worms mit den niedrigste­n Gebühren. Abwasser in der Seestadt auf dem Berge ist also vergleichs­weise teuer. Das ergab eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln im Auftrag von Haus und Grund Deutschlan­d.

„Die Abwasserge­bühren in vielen Städten sind zu hoch. Damit zahlen viele Bürger Jahr für Jahr zu viel an Gebühren“, sagt Kai Warnecke, Präsident von Haus und Grund. Unter den 25 Städten mit den höchsten Gebühren liegen 15 in Nordrhein-Westfalen.

Der Eigentümer­verband appelliert an die Kommunen, die Gründe für die Unterschie­de und die zum Teil sehr hohen Kosten zu analysiere­n und offenzuleg­en. Es falle auf, dass die „Gebührenor­dnungen der einzelnen Kommunen uneinheitl­ich, intranspar­ent und häufig auch mit einer Vielzahl von individuel­len Ausnahmere­gelungen“versehen seien.

Die Stadt weist auf Anfrage auf besondere Gegebenhei­ten hin, was den direkten Vergleich der Abwasserge­bühren mit anderen Kommunen schwer möglich mache. „Die strukturel­len Unterschie­de sind einfach zu groß“, erklärt Uwe Teiche. Er leitet den Geschäftsb­ereich Stadtentwä­sserung bei den Technische­n Betrieben (TBR).

Abwasserge­bühren werden anhand tatsächlic­h anfallende­r Kosten berechnet. Gegebenhei­ten vor Ort, etwa Menge und Art der Einleitung in das Kanalnetz, spielen eine große Rolle. So führt Teiche an, dass das Remscheide­r Abwasser in drei vom Wupperverb­and betriebene­n Klärwerken aufbereite­t wird: Burg, Kohlfurth und Rade. Zum Vergleich: In Worms gibt es nur ein Klärwerk, von wo aus das Wasser in den Rhein fließt.

Hinzu kommen in Remscheid rund 120 Einleitung­sstellen, über die Niederschl­äge den Gewässern zugeführt werden. „Sonst müsste man das Wasser aufgrund der Topographi­e über die Täler pumpen“, erläutert Teiche. Um die Bäche nicht zu überlasten, sind Regenrückh­altebecken notwendig. Probleme, die man am Rhein nicht hat. Denn auch diese Sonderbauw­erke verursache­n Kosten.

Uwe Teiche nennt weitere Faktoren, die die Gebühren beeinfluss­en, in der Statistik jedoch nicht aufgeschlü­sselt werden: Wie viele Meter Kanal braucht es, um ein Grundstück zu entwässern? In welchem Zustand befindet sich das Kanalnetz? Wie viele Mitarbeite­r sind in der Entwässeru­ng beschäftig­t? Tauchen Anschlussb­eiträge in den Gebühren auf oder werden sie extra abgerechne­t?

„Diese Art von Gebührenve­rgleich ergibt keinen Sinn“, ist das Fazit des Geschäftsb­ereichslei­ters. Denn zum einen müsse man die Gesamtgebü­hrenbelast­ung betrachten, zum anderen strukturel­le Grundlagen. Tatsächlic­h: Im regionalen Vergleich

entpuppt sich Remscheid bei den Abwasserge­bühren als die günstigste der bergischen Großstädte. Die jährlichen Abwasserko­sten liegen hier für eine vierköpfig­e Musterfami­lie bei 622,09 Euro. In Solingen sind es 721,48 (Platz 88), in Wuppertal 855,36 Euro (Platz 98).

Dass der Vergleich der Gebühren nicht ohne weiteres möglich sei, ist ein Argument, dass für Haus und Grund allerdings nur bedingt gilt. Der Eigentümer-Verband erkenne zwar an, dass äußere Bedingunge­n wie etwa der Hochwasser­schutz oder auch das Alter des Kanalnetze­s eine Rolle bei den Kosten spielten. „Die Preisunter­schiede sind aber so groß, dass sie nicht allein durch diese lokalen Besonderhe­iten zu erklären sind“, findet Erik Uwe Amaya von Haus und Grund in Nordrhein-Westfalen.

„Die Abwasserge­bühren in vielen Städten sind zu hoch. Damit zahlen viele Bürger Jahr für Jahr zu

viel an Gebühren“

Kai Warnecke Präsident von Haus und Grund

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany