Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Verband: Abwassergebühren zu hoch
„Haus und Grund“kritisiert Remscheid. Die Stadt wehrt sich und sagt: „Der Vergleich ergibt keinen Sinn.“
Unter den 100 größten Städten in Deutschland liegt Remscheid bei den Abwasserkosten auf Platz 71 – auf Platz 1 steht Worms mit den niedrigsten Gebühren. Abwasser in der Seestadt auf dem Berge ist also vergleichsweise teuer. Das ergab eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln im Auftrag von Haus und Grund Deutschland.
„Die Abwassergebühren in vielen Städten sind zu hoch. Damit zahlen viele Bürger Jahr für Jahr zu viel an Gebühren“, sagt Kai Warnecke, Präsident von Haus und Grund. Unter den 25 Städten mit den höchsten Gebühren liegen 15 in Nordrhein-Westfalen.
Der Eigentümerverband appelliert an die Kommunen, die Gründe für die Unterschiede und die zum Teil sehr hohen Kosten zu analysieren und offenzulegen. Es falle auf, dass die „Gebührenordnungen der einzelnen Kommunen uneinheitlich, intransparent und häufig auch mit einer Vielzahl von individuellen Ausnahmeregelungen“versehen seien.
Die Stadt weist auf Anfrage auf besondere Gegebenheiten hin, was den direkten Vergleich der Abwassergebühren mit anderen Kommunen schwer möglich mache. „Die strukturellen Unterschiede sind einfach zu groß“, erklärt Uwe Teiche. Er leitet den Geschäftsbereich Stadtentwässerung bei den Technischen Betrieben (TBR).
Abwassergebühren werden anhand tatsächlich anfallender Kosten berechnet. Gegebenheiten vor Ort, etwa Menge und Art der Einleitung in das Kanalnetz, spielen eine große Rolle. So führt Teiche an, dass das Remscheider Abwasser in drei vom Wupperverband betriebenen Klärwerken aufbereitet wird: Burg, Kohlfurth und Rade. Zum Vergleich: In Worms gibt es nur ein Klärwerk, von wo aus das Wasser in den Rhein fließt.
Hinzu kommen in Remscheid rund 120 Einleitungsstellen, über die Niederschläge den Gewässern zugeführt werden. „Sonst müsste man das Wasser aufgrund der Topographie über die Täler pumpen“, erläutert Teiche. Um die Bäche nicht zu überlasten, sind Regenrückhaltebecken notwendig. Probleme, die man am Rhein nicht hat. Denn auch diese Sonderbauwerke verursachen Kosten.
Uwe Teiche nennt weitere Faktoren, die die Gebühren beeinflussen, in der Statistik jedoch nicht aufgeschlüsselt werden: Wie viele Meter Kanal braucht es, um ein Grundstück zu entwässern? In welchem Zustand befindet sich das Kanalnetz? Wie viele Mitarbeiter sind in der Entwässerung beschäftigt? Tauchen Anschlussbeiträge in den Gebühren auf oder werden sie extra abgerechnet?
„Diese Art von Gebührenvergleich ergibt keinen Sinn“, ist das Fazit des Geschäftsbereichsleiters. Denn zum einen müsse man die Gesamtgebührenbelastung betrachten, zum anderen strukturelle Grundlagen. Tatsächlich: Im regionalen Vergleich
entpuppt sich Remscheid bei den Abwassergebühren als die günstigste der bergischen Großstädte. Die jährlichen Abwasserkosten liegen hier für eine vierköpfige Musterfamilie bei 622,09 Euro. In Solingen sind es 721,48 (Platz 88), in Wuppertal 855,36 Euro (Platz 98).
Dass der Vergleich der Gebühren nicht ohne weiteres möglich sei, ist ein Argument, dass für Haus und Grund allerdings nur bedingt gilt. Der Eigentümer-Verband erkenne zwar an, dass äußere Bedingungen wie etwa der Hochwasserschutz oder auch das Alter des Kanalnetzes eine Rolle bei den Kosten spielten. „Die Preisunterschiede sind aber so groß, dass sie nicht allein durch diese lokalen Besonderheiten zu erklären sind“, findet Erik Uwe Amaya von Haus und Grund in Nordrhein-Westfalen.
„Die Abwassergebühren in vielen Städten sind zu hoch. Damit zahlen viele Bürger Jahr für Jahr zu
viel an Gebühren“
Kai Warnecke Präsident von Haus und Grund