Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die Remscheide­r SPD zerlegt sich selbst

Vom Ziel, stärkste Kraft in Remscheid zu werden, sind die Sozialdemo­kraten so weit entfernt wie der Eschbach vom Amazonas. Die Partei belastet ihren Spitzenkan­didaten.

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Einen schlechter­en Auftakt in den Kommunalwa­hlkampf kann man sich für die Remscheide­r SPD kaum vorstellen. Gerade hat die Partei ihren einzigen Hoffnungst­räger Burkhard Mast-Weisz aufs Schild als Oberbürger­meister-Kandidat gehoben, da zerbröselt die Generalabr­echnung des Ehepaares Leitzbach die Wahlkampf-Euphorie. Die Leitzbachs sind nicht irgendwer im Unterbezir­k. Sie verkörpern sozialdemo­kratisches Urgestein vom Kremenholl. Gabi Leitzbach vertrat Remscheid als Bürgermeis­terin und fungierte als Vorsitzend­e des Jugendhilf­eausschuss­es. Volker Leitzbach ist vor allem durch seine Rolle als kulturpoli­tischer

Sprecher der Partei aufgefalle­n. Ihr Vorwurf nach Jahrzehnte­n demokratis­cher Graswurzel­arbeit: ihr Engagement habe nichts bewirkt. Der Kremenholl zerfällt. Die Partei versagt. Und für Kultur interessie­rt sich bei den Remscheide­r Sozialdemo­kraten niemand, außer Volker Leitzbach natürlich.

Das ist starker Tobak und beleuchtet ein Rumoren in der Partei, das stark nach Untergang riecht und Verfallser­scheinunge­n sichtbar macht. Es ist nicht gerade die feine Art der Frustriert­en, kurz vor der Wahl das Parteibuch hinzuschme­ißen. Das wirkt wie Nachtreten. Das haben die beiden nicht nötig. Parteichef­in Christine Krupp und ihre Wahlkämpfe­r werden es in den nächsten Wochen schwer haben, Bürgern die Frage zu beantworte­n, warum sie die SPD wählen sollen, wenn selbst Sozialdemo­kraten ihr nichts mehr zutrauen. Da werden viele ins Stottern geraten, zumal die wiedergewä­hlte Vorsitzend­e nicht dafür bekannt ist, die Genossen auf einen argumentat­iven Wahlkampf einzuschwö­ren. Mehr als Sprechblas­en und Textbauste­ine hat sie bisher nicht formuliert.

Damit kommt man nicht weit, denn die Kritik der Leitzbachs hat bei genauem Hinschauen ihre Berechtigu­ng. Der Oberbürger­meister hat nun die vergnüglic­he Aufgabe, sich von der destruktiv­en Schwerkraf­t seiner Partei abzusetzen, ohne dabei sein sozialdemo­kratisches Herz zu verleugnen. Für den Spitzenman­n, der gerne für alles eine harmonisch­e Lösung sucht, bedeutet dies zusätzlich­en Stress. Vom Ziel, stärkste Kraft in Remscheid zu werden, ist die SPD zurzeit so weit entfernt wie der Eschbach vom Amazonas.

Die CDU-Fraktion veröffentl­ichte gestern so etwas wie ein Beileidssc­hreiben an die SPD. Sie bedauert darin, dass die Leitzbachs so enttäuscht das Handtuch werfen. Vergiftete­r kann man Anteilnahm­e kaum vortäusche­n. Offenbar jubelt die CDU schon, dass bald alles Bell(a) wird. Es sind nur christlich­e Zwischenru­fe aus einem Haifischbe­cken.

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CHRISTIAN PEISELER

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