Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Wenn Kunst auf Bienenvölk­er trifft

Der Fuhrwerksw­aage Kunstraum zeigt in den Sürther Vorgärten die Schau „KunstHonig“. Führungen bringen die Besucher zu den einzelnen Stationen. Dort gibt es fasziniere­nde Einblicke und eine große Vielfalt.

- VON STEPHAN EPPINGER

Die Beute ist ein Bienenkast­en und die Bienen sind ein Wirtschaft­svolk, das Honig produziert. Der Düsseldorf­er Künstler Clemens Botho Goldbach hat für die Beute ein kleines tempel- oder kapellenar­tiges Heiligtum geschaffen, das gelb in der Sonne glänzt und das im Garten von Ursula und Peter Rohde in Sürth ein echter Hingucker ist. Der Bienenkast­en selbst steht auf einem Sockel, auf dem ein Motiv des

200-Euro-Scheins zu erkennen ist. „Seit 2012 setze ich mich mit den Architektu­rmotiven der Euroschein­e auseinande­r. Auf dem 200-Euro-Schein ist die Epoche der Industrieu­nd Eisenarchi­tektur zu sehen. Das passt gut zu meiner ‚Systembeut­e 200 für ein Wirtschaft­svolk‘“, erklärt Goldbach den Gedanken zum Titel seines Werks.

Zu sehen ist dieses bei der Sonderscha­u des Fuhrwerksw­aage Kunstraums in Sürth. Dort haben sich unter dem Titel „KunstHonig – von Beuten, Skulpturen und Vorstadtgä­rten“14 Künstler, acht Imker, zwölf Gartenbesi­tzer und neun Bienenvölk­er zu einem besonderen Projekt zusammenge­funden. In neun der zwölf Skulpturen unter freiem Himmel leben Bienen und beleben so die Kunst auf ihre ganz eigene Art und Weise. Damit Kunst und Bienen zusammenko­mmen, gab es vor ab intensive Gespräche zwischen Imkern und Künstlern. Dort wurde ausgetausc­ht, wie Bienen leben und welche Ideen für Skulpturen vorhanden und umsetzbar sind.

Zu sehen gibt es die Kunst, zu der auch eine Performanc­e sowie verschiede­ne Videokunst­werke gehören, nur bei den Führungen zu festen Terminen, an denen maximal zwölf Interessie­rte teilnehmen können. Geschulte Guides bringen die Kunstfans vom Startpunkt in der Fuhrwerksw­aage zu den Sürther Vorstadtgä­rten, in denen die Skulpturen mit ihren Bewohnern ihren Platz gefunden haben. Etwa zwei Stunden dauert die Tour durch Sürth. Termine gibt es am 4., 5., 11. und 12. Juli sowie am 15. und 16. August. Samstags werden Führungen von 13 bis 17 und sonntags von 13 bis 16 Uhr angeboten. Gestartet wird alle 15 Minuten. Eine Voranmeldu­ng ist erforderli­ch.

Zu entdecken gibt es eine fasziniere­nde Vielfalt bei den Skulpturen genauso wie bei den Gärten, die sich wie verborgene Paradiese den Gästen öffnen. Das gilt auch für den Garten von Günter Preiß und Ursula Kremer-Preiß. Dort befindet sich eine dunkelrote, geometrisc­he Skulptur „Null-Relikt“aus Plexiglas von Alexander Föllenz mit einem Bienenkast­en in ihrem Innenleben. Von außen können die Bienen beobachtet werden, die durch einen Schlitz in das Kunstwerk fliegen. Die Bienen selbst erkennen die Betrachter nicht, für sie bildet das Rot einen geschlosse­nen Kasten ohne Durchsicht. Umrahmt wird die Kunst von Palmen, Schilf und einem Feigenbaum.

Der große Garten einer prächtigen Villa bildet die Kulisse für das Werk von Christiane Rasch. Sie hat lange nach dem geeigneten Ort und vor allem für den geeigneten Baum für ihre Idee gesucht. „Meine Anregung fand ich bei der Ummantelun­g von Bäumen an Baustellen. Sie verbergen etwas Geheimnisv­olles und doch kann man ein wenig vom Inneren erkennen. So wird der Baum Teil des Kunstwerks und die Bienen verlassen es durch einen pink markierten Schlitz im Holz. In direkter Nachbarsch­aft finden sich klassisch anmutende Skulpturen und ein riesiger Mammutbaum.

Ganz anders wirkt die Idee von Bastian Hoffmann: Im Garten des Hotels und Restaurant­s „Fladerhof“steht auf einer Parkbank eine verlassene pinkfarben­e Liefertasc­he von Foodora. Darin befinden sich die 3000 Bienen in ihrem Kasten, die diesen durch eine kleine Öffnung im Reißversch­luss verlassen. „Es passt gut in unsere Zeit. Zum einen ist das Ausliefern mit Rädern nachhaltig, anderseits stehen die Arbeitsbed­ingungen der Leute bei so einem Lieferserv­ice in der Kritik. Umgekehrt haben wir die Szenerie – hier wird kein Essen in der Tasche ausgeliefe­rt, sondern die Bienen produziere­n Essen in deren Inneren“,

sagt Hoffmann.

Etwas unweit gab es übrigens in einem der Gärten eine kleine Besonderhe­it. Dort hatten drei Künstler aus schwarzen Dreiecken das Sternbild der Biene nachgebaut und mit einem umlaufende­n Schriftzug versehen. Der dort integriert­e Bienenkast­en musste nicht bestückt werden, ein Bienenvolk hatte sich dort freiwillig eingeniste­t – die außergewöh­nliche Kunst im Garten scheint ihnen wohl gefallen zu haben. Service: Die Tickets für die Führungen kosten zwölf (ermäßigt) acht Euro. Vorab gebucht werden können diese online unter:

www.fuhrwerksw­aage.de

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FOTOS: EPPINGER Eine Liefertasc­he mit lebendigem Innenleben (l.) und ein Tempel für ein fleißiges Wirtsschaf­tsvolk.
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10.000 Bienen leben in diesem Kunstwerk.

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