Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Feldhandball-WM in der Jahnkampfbahn
Vor 65 Jahren besiegte Winfried Vogt mit der Auswahl des Saarlands sensationell Schweden bei der Feldhandball-WM.
Vor 65 Jahren stand Winfried Vogt bei der WM im Aufgebot des Saarlands. In Solingen gab es einen sensationellen Sieg über Schweden.
Wenn es um Handball geht, denkt jeder heutzutage vor allem an den beliebten Hallensport. Der hat bereits vor mehr als fünf Jahrzehnten das Kommando übernommen, doch in den 50erund auch noch weiten Teilen der
60er-Jahre war der Stellenwert des Feldhandballs größer gewesen. Aus Solinger Sicht wird der Gewinn der Deutschen Meisterschaft für immer unvergessen bleiben. Die Oheios sicherten sich 1965 den Titel – und eroberten damit bis heute nicht verlorene Sympathien.
„Das Solinger Publikum stand komplett hinter uns“Winfried Vogt über die Sensation
Ralf Seilheimer war damals Fan der Mannschaft. „Die Oheios sind immer noch mein Steckenpferd“, sagt der Handball-Fachmann. Bis heute verfolgt Seilheimer die Laufbahn der damaligen Deutschen Meister, organisiert Treffen und ist Teil des Fördervereins Jahnkampfbahn, der sich für den Erhalt und die Weiterentwicklung der historischen Sportstätte in Wald einsetzt.
Eines der wichtigsten Spiele, das je im Stadion stattfand, liegt noch weiter zurück als der Solinger Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Am 1. Juli 1955 traf die Auswahl des Saarlands bei der Feldhandball-Weltmeisterschaft auf Schweden. Die Skandinavier waren damals amtierender Weltmeister in der Halle und „Vize“auf dem Feld. Dass der vergleichsweise kleine Verband Saar, der von 1950 bis 1957 selbstständiges Mitglied in der Internationalen Handballföderation (IHF) war, als krasser Außenseiter in die Vorrunden-Begegnung gegangen war, lag auf der Hand.
Winfried Vogt war für die Saar gesetzt. Er stand bei allen sechs WM-Partien seiner Mannschaft auf dem Feld – aufgrund seiner Schnelligkeit zumeist als Flügelflitzer. „Der Stellenwert des Feldhandballs war zu meiner Zeit sehr hoch. Entsprechend waren die Zuschauerzahlen“, verrät der 86-Jährige Vogt Ralf Seilheimer, der den ehemaligen Sportler als einen der letzten noch Lebenden dieser Begegnung ausfindig gemacht hat. An das Duell in der Jahnkampfbahn kann sich der gebürtige Hilbringer (heute Merzig-Hilbringen) noch sehr gut erinnern: „Das Solinger Publikum stand komplett hinter uns. Und nach dem Sieg brachen alle Dämme. Es war der absolute Höhepunkt meiner Laufbahn – einfach unvergessen.“
Die Schweden waren zwar früh in Führung gegangen, brachten mit einigen Hinausstellungen aber 10.000 Zuschauer gegen sich auf. So holte das Saarland auf, glich zum 5:5 aus und legte mit zwei Toren vor. Fünf Minuten vor Schluss gelang den Skandinaviern zwar noch der Anschluss zum 6:7, aber kurz darauf war die „Sensation von Solingen“perfekt. „Es war schon ein sehr hart geführtes Spiel“, blickt Winfried Vogt zurück. „Das von Trainer Fritz Spengler vorgegebene Konzept brachte uns diesen viel beachteten Sieg.“Es war das einzige der Spiel der gesamten Veranstaltung, das im Walder Stadion ausgetragen wurde – und gleichzeitig die wohl größte Überraschung. Weltmeister wurde das Saarland 1955 nicht. Der Titel ging an Deutschland, das sich im Finale gegen die Schweiz mit 25:13 durchsetzte. Schweden wurde Vierter, die Saar schloss auf dem sechsten Platz ab.
Eigentlich wollte Guido Rohn als Vorsitzender des Fördervereins Jahnkampfbahn Winfried Vogt anlässlich des Jubiläums nach Solingen-Wald einladen. Doch Corona ließ den Plan platzen. Umso mehr freute sich Ralf Seilheimer, den damaligen Helden in seiner Heimat besuchen zu dürfen. „Er hat sich wirklich sehr gefreut“, beschreibt der Handball-Begeisterte seine Eindrücke. „Und er erinnert sich an so viele Details – inklusive beider Mannschaftsaufstellungen.“
Als Geschenk brachte Seilheimer eine gerahmte Reproduktion des damaligen Werbeplakats mit. „Mein Dank geht an Guido Rohn und Ralf Seilheimer, die mir damit eine ganz große Freude bereitet haben und die WM wieder lebendig werden ließen. Das Plakat bekommt einen Ehrenplatz“, sagt Vogt, für den der Feldhandball immer noch maßgeblich ist. Das aktuelle Handballspiel in der Halle sei nicht seine Welt.