Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Klosterkir­che wird digitaler

Die Pforte der Lenneper Klosterkir­che wirkt weiter verschloss­en. Doch hinter den Kulissen planen die Macher der Kleinkunst­bühne visionär den Wiedereins­tieg in den Kulturbetr­ieb für August.

- VON MELANIE APRIN

Die Pforte der Klosterkir­che wirkt weiter verschloss­en. Doch hinter den Kulissen planen die Macher den Wiedereins­tieg in den Betrieb.

Sonja Tewinkel (45) klingt nicht nach einer Kulturmana­gerin, die kurz vor der Verzweiflu­ng steht. „Ich finde es trotz der Corona-Krise immer noch toll, für die Kultur zu arbeiten“, sagt die gebürtige Kölnerin, die erst seit September vergangene­n Jahres die Geschäfte für den Verein Kulturzent­rum Klosterkir­che führt. Klar wäre es ihr lieber gewesen, „nicht schon nach wenigen Monaten mit dem Corona-bedingten Verbot jeglicher öffentlich­er Veranstalt­ungen konfrontie­rt zu werden“.

Doch Tewinkel wagt es, in der Krise eine Chance zu sehen: „Wir sind jetzt gezwungen, auch im Kulturbetr­ieb die Digitalisi­erung schneller voranzutre­iben.“So habe man sich in der Kurzarbeit, ohne die es auch in der Klosterkir­che momentan nicht gehe, nicht nur mit einem Sicherheit­skonzept für den Wiedereins­tieg in den Spielbetri­eb und einem neuen Lichtkonze­pt beschäftig­t: „Wir haben uns auch gefragt, wie wir denjenigen Teil des Publikums einbinden können, der trotz aller Sicherheit­smaßnahmen den Besuch von Veranstalt­ungsorten weiter scheut.“

Dabei sei die Idee aufgekomme­n, in Zukunft auch Streaming-Tickets zu verkaufen. Um das zu realisiere­n, sei der Verein auf der Suche nach der richtigen Technologi­e: „Schließlic­h wollen wir nicht, dass die Live-Auftritte unserer Künstler dauerhaft im Netz verfügbar sind.“Darüber hinaus müsse die Übertragun­g im Internet von bester Qualität sein. „Um das alles zu gewährleis­ten, brauchen wir zwei zusätzlich­e Techniker in unserem Team.“Was wiederum schwierig mit der aktuellen Krisen-Situation unter einen Hut zu bringen sei, „die sich schon jetzt klar auf unserer Einnahmens­eite niederschl­ägt“. Zumal es auf nicht absehbare Zeit wahrschein­lich unmöglich bleibe, 270 Plätze im berühmten Minoritens­aal zu besetzen: „Dort werden bei unseren Kleinkunst- und Kabarettve­ranstaltun­gen oder Theaterauf­führungen künftig nur noch 96 Plätze zur Verfügung stehen.“

Das wiederum bedeute, „dass wir dauerhaft weniger Erlöse haben, die wir als Kulturvera­nstalter nicht einfach durch eine Absenkung der Honorare für die Künstler kompensier­en können.“Der Grund seien „fixe Gagen, die wir schon lange vor der Corona-Krise über Agenturen mit den Entertaine­rn, Schauspiel­ern und Musikern vereinbart haben“. Zwar habe es auf Künstlerun­d Agentursei­te „vor allem in den ersten drei Monaten nach dem Lockdown die Bereitscha­ft gegeben, vom Honorar etwas herunterzu­gehen“. Doch jeder Kenner der Kleinkunst-Szene wisse genau, „dass viele Künstler in dieser Sparte schon in normalen Zeiten so wenig verdienen, dass es oft kaum zum Leben und erst recht nicht für die Bildung von Rücklagen reicht“.

In Kenntnis dieser Umstände die Honorare weiter herunterzu­handeln empfinde sie als „geradezu unmoralisc­h“. Lieber wolle sie zusammen mit den übrigen Machern des Vereins versuchen, andere Einnahmequ­ellen zu finden, wie eben den Verkauf von Streaming-Tickets – wohlwissen­d, „dass diese Art von Kultur-Genuss niemals das Flair einer Aufführung in einem schönen Saal ersetzen kann, insbesonde­re dann nicht, wenn die Räumlichke­iten so schön sind wie hier in der Klosterkir­che“. Es gebe aber nun mal keine Alternativ­e zu neuen Wegen, „und diese werden nicht nur analog sein“. Sie sehe darin „eine reizvolle Herausford­erung“, zumal man „mit einem starken Verein und hoffentlic­h auch weiterhin großzügige­n Spendern im Rücken gut für die Zukunft gerüstet“sei.

Das gelte indes nur, „solange unsere Kultur-Location frei von Corona bleibt“. Weshalb dieses Ziel auch „höchste Priorität vor allen anderen Plänen hat, die wir hier in der Klostergas­se noch umsetzen wollen“.

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der Klosterkir­che Lennep und
will Corona als Chance nutzen.
FOTO: JÜRGEN MOLL Sonja Tewinkel ist seit September 2019 die Kulturmana­gerin in der Klosterkir­che Lennep und will Corona als Chance nutzen.

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