Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Mit Bajonett im Vollrausch den Freund verletzt

- VON MIKKO SCHÜMMELFE­DER

Wegen versuchten Mordes ist ein 56-jähriger Solinger vor dem Landgerich­t Wuppertal angeklagt. An die Tat habe er aber nur verschwomm­ene Erinnerung­en, wie er dem Gericht versichert­e.

Dabei soll der Abend so abgelaufen sein: Am 25. September 2019 habe der Angeklagte mit einem langjährig­en Freund in seiner Wohnung am Neumarkt feiern wollen. Mit einer Flasche Wodka sei er über den Tag hinweg eingestieg­en, zwei weitere Flaschen brachte der Freund mit. Streit soll es keinen gegeben haben, nur Wodka und Gespräche. Deren Themen erinnere er aber nicht mehr. Es könne der Tod seiner Frau einige Monate vorher gewesen sein, den er bis heute nicht überwunden habe, und über den ihn heftiger Alkoholkon­sum regelmäßig trösten sollte. Eine Entziehung­skur im Norden war nicht so erfolgreic­h wie gehofft.

Dort auf dem Flohmarkt habe er jedoch ein Bajonett aus dem 2. Weltkrieg gefunden – er habe es einfach schön gefunden, auch wenn er kein Waffennarr sei. Das Bajonett habe er dann an dem Abend vorgeführt. Rumgefucht­elt habe man damit – am Ende habe der Freund einen dreißig Zentimeter langen blutenden Schnitt über dem linken Ohr davongetra­gen. Es täte ihm leid, dass er ihn verletzt habe, betonte er. Er habe dem Freund noch eine Decke zur Übernachtu­ng auf der Couch gegeben, am nächsten Tag habe man gemeinsam wandern wollen. Allerdings sei plötzlich die Polizei aufgetauch­t und habe ihn festgenomm­en. Eine Blutprobe ergab 2,67 Promille.

Eine weitere Episode in einem abenteuerl­ichen Leben. Statt mit Schulfreun­den zu spielen, verbrachte er bereits als Zehnjährig­er die Tage im Keller der elterliche­n Metzgerei mit Handlanger­arbeiten, dafür gab es mal Taschengel­d und mal Prügel vom Vater. Seine erste Ferienreis­e führte ihn nach Frankreich. Als das Geld alle war, verpflicht­ete er sich in Marseille in die Fremdenleg­ion. Stationier­t in Französisc­h-Guayana ließ er sich aber nach einiger Zeit mit einer angebliche­n psychische­n Erkrankung entlassen. Dann ging er nach Kanada und arbeitete dort als Zimmermann, nach Problemen dort kam er nach Solingen zurück und heiratete seine Jugendfreu­ndin. Hier arbeitete er auf dem Bau, bis er nach einem Motorradun­fall drei Monate im Koma lag. Dann erlitt er ein Krampfanfa­ll, nach dem er seinen rechten Arm nicht mehr richtig heben konnte.

Weitere Verhandlun­gstage werden nun zeigen, ob die Tatschilde­rung Bestand hat und wie Gericht und Gutachter die Schuldfähi­gkeit des Solingers bewerten.

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