Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
An der badischen Côte d’Azur
Wie fühlt sich Urlaub mit den Corona-Einschränkungen an? In unserer Serie beschreiben Redakteure, wie sie ihre Reise erleben.
In unser Ferienhaus am Bodensee, genauer gesagt in Wangen am Untersee, fahren wir gerne für einen Kurzurlaub. Aber die gesamten Sommerferien dort verbringen? Da zog es uns bislang eher ins europäische Ausland. Doch dieses Jahr ist der Bodensee unser Ziel für den Haupturlaub. Die vertrauten Wege, die bekannten Restaurants, die guten Obst- und Gemüsestände am Straßenrand, der Plausch mit den Nachbarn. Im corona-bedingten Heimaturlaub bekommt das alles einen neuen Sinn.
Richtig, im eigenen Ferienhaus ist immer etwas zu erledigen. Das
Mauerwerk ist feucht geworden und muss gegen Regen besser geschützt werden. Zusammen mit meinen beiden Schwestern, mit denen ich das von meinen Großeltern gebaute Haus teile, schmiede ich Umbaupläne, wir reden mit dem Tiefbauer, erkundigen uns nach einem Maler. Und weil der Gärtner um die Ecke wohnt, fragen wir den um Rat, was im Herbst im Garten ansteht.
Wenn alles so bekannt ist (schon zu Kinderzeiten verbrachte unsere Familie hier die Sommerferien), scheint ein solcher Urlaub ganz auf Entspannung ausgerichtet zu sein. Keine Besichtigung, keine Entdeckungsreisen, keine Experimente.
Doch ganz so simpel ist die „schönste Zeit des Jahres“dann doch nicht. Auch hier lese ich die örtliche Regionalzeitung, schaue, wie der Landkreis Konstanz mit den Gefahren umgeht, was im See-Strandbad zu beachten ist, und ob vielleicht doch die eine oder andere Veranstaltung noch stattfindet.
Da kann der See in diesem Jahr nur wenig bieten: Keine Konzerte, das Seenachtsfest in Konstanz fällt aus, beim Wochenmarkt gelten Maskenpflicht und Abstandsgebot. Dafür schaue ich mir unser Dorf und die Nachbargemeinden an – zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Die Villen am See, das Glashaus hoch auf dem Hügelvorsprung. Mir wird klar: das kleine Fischerdorf Wangen ist längst ein Eldorado reicher Baden-Württemberger geworden, Yachtclub und Sternerestaurant inklusive. Das Seegrundstück wird zum Statussymbol – eine Art badische Côte d’Azur, schließlich zählt der Landkreis Konstanz zum einstigen Großherzogtum.