Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Schrebergärten werden immer beliebter
In Corona-Zeiten erleben die Remscheider Kleingartenvereine eine große Nachfrage
Seit rund 100 Jahren wird auf dem Areal des Kleingärtnervereins Remscheid-Honsberg gepflanzt, gebuddelt und entspannt. Mit seinen 86 Jahren hat Rolf Stamm schon viel erlebt. Er kann sich noch gut an die Nachkriegszeit erinnern, „als hier noch Behelfsbaracken standen und Menschen ihr Gemüse hier anpflanzten, um zu überleben.“
Solche Notzeiten kennen die folgenden Generationen nicht mehr. Und doch, der Lockdown während der Covid-19-Pandemie hat nicht nur den Erfindergeist geweckt oder manches Hobby wiederbelebt. Denn Sorgen gab es auch während des Lockdowns. Und für junge Menschen und Familien stellte sich auch die Frage „Wohin, wenn ich nirgends mehr hingehen kann?“
Vorsitzender Klaus Drose vom KGV Honsberg: „Wir können uns vor Anfragen kaum noch retten. Die Warteliste ist seit Jahresbeginn länger und länger geworden.“Ob frisch geernteter Kopfsalat, selbst gepflückte Bohnen oder Kirschen – Gartenarbeit ist wieder gefragt. „Ein Schrebergarten ist wie ein Stück Urlaub, ein Ort der Erholung und der Entspannung, aber auch ein gutes Stück Arbeit“, sagt Drose.
Das weiß auch Rolf Stamm. Er ist fast täglich auf seiner Gartenparzelle und pflanzt Obst und Gemüse an, mäht den Rasen und genießt die Aussicht ins Grüne. Ohne seinen Garten, meint er, gehe er vor die Hunde. „Er ist mein Jungbrunnen“, sagt Stamm. Auch er beobachtet, dass immer mehr junge Menschen sich für die eigene Gartenparzelle begeistern. „Das ist ja auch eine schöne Alternative bei gutem Wetter.“
Genau diese Alternative begeistert seit knapp eineinhalb Jahren Familie Zacharow. Katharina, Alexander, Leon und Milan fühlen sich in auf ihrer Parzelle im Verein Lenneper Gartengemeinschaft 1946 wohl. „Vor allem war ich sehr froh, mit den
Kindern während des Lockdowns hierher kommen zu können“, erzählt Katharina Zacharow. Die Familie hat lange nach einem Garten gesucht. Beim KGV Lennep hat es schließlich geklappt.
Der Vorbesitzer habe seine Parzelle aus Krankheitsgründen aufgegeben. In den letzten Jahren hatte er kaum noch Zeit; Garten und Haus waren im schlechten Zustand, „Das war ein ganzes Stück Arbeit, wieder alles herzurichten“, erinnert sich Alexander Zacharow. „Aber es hat auch viel Spaß gemacht.“Seitdem hilft Junior Leon nicht nur beim Gießen des Salats und der Zucchinis, sondern lässt sich mit Brüderchen Milan die ersten selbstgezogenen Erdbeeren schmecken.
Bei Fragen rund um die richtige Bewirtschaftung – der Profi spricht von Ein-Drittel-Nutzung – stehen Karin und Ernst August Rimkus den Nachwuchs-Gärtnern zur Seite. Das Ehepaar ist seit 49 Jahren im KGV Lennep und hat nicht nur ein Auge für manches „Wildkräutergewächs“, wie Karin Rimkus betont. „Der Garten hält uns fit.“Das Ehepaar bedauert lediglich, dass die Geselligkeit keine große Rolle unter den Mitgliedern mehr spiele. „Früher habe wir viel mehr gemeinsam unternommen und veranstaltet“, meint Rimkus. „Da war viel mehr Miteinander im Verein, das ist leider nicht mehr so.“
Von einem regelrechten Boom spricht auch Frank Orlikowski vom
Kreisverband Remscheid der Kleingärtner: „Die Nachfrage ist zurzeit sehr groß. Wir beobachten zudem, dass während des Lockdowns nicht nur die Suche nach der Entspannung in der Natur oder in der eigenen Gartenparzelle eine große Rolle spielte, sondern auch wieder mehr Zeit und Muße für allerhand handfeste Arbeit da war.“
Doch wer nach einer Parzelle suche, der müsse viel Geduld und lange Wartezeiten in Kauf nehmen, so der Kreisverband der Kleingärtner. „Es sind in Remscheid keine freien Parzellen mehr zu bekommen. Daher empfehlen wir, sich mit dem Wunschverein in Verbindung und sich auf einer Warteliste registrieren zu lassen.“