Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Gericht kippt Sonntagsöffnungen
Eine Regelung der Landesregierung, die den Verkauf an den Adventssonntagen sowie am 3. Januar zulassen wollte, ist nicht rechtens. Das hat das Oberverwaltungsgericht entschieden.
Vor Weihnachten und unmittelbar nach Neujahr wird es in NRW keine landesweit verkaufsoffenen Sonntage geben. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat einem Eilantrag der Gewerkschaft Verdi stattgegeben, die gegen die Corona-Schutzverordnung des Landes geklagt hatte. Der Beschluss des Münsteraner Gerichts ist nicht anfechtbar.
Damit sind die Hoffnungen vieler Händler geplatzt, wenigstens einen kleinen Teil der in den vergangenen Monaten erlittenen Umsatzverluste reinzuholen. Zwar sind durch die Entscheidung des Gerichts verkaufsoffene Sonntage vor Weihnachten nicht generell ausgeschlossen. Denn die Kammer hat nur entschieden, dass die in der Verordnung genannte Begründung nicht ausreicht, eine landesweite Öffnung zu erlauben. Insofern dürfen Kommunen, in denen solche Sonntage teilweise seit Monaten geplant sind, noch hoffen. Die Welle von Klagen, die Verdi in den vergangenen Monaten erfolgreich gegen einzelne verkaufsoffene Sonntage eingereicht hat, lässt aber den Schluss zu, dass das OVG auch bei weiteren juristischen Auseinandersetzungen im Sinne der Gewerkschaft entscheiden würde.
Das Gericht begründete seine Entscheidung mit dem Infektionsschutz. Die vom NRW-Gesunsdheitsministerium landesweit zugelassenen Sonntagsöffnungen seien voraussichtlich keine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne der infektionsschutzrechtlichen Generalklausel, auf die das Land sie gestützt habe. In der Verordnung argumentiert das Ministerium unter anderem damit, dass eine Sonntagsöffnung dafür sorgen könnte, dass Besucherströme entzerrt würden. Damit ist aber aus Sicht des Gerichts keine landesweite Öffnung geboten. Es fürchtet vielmehr, dass sich in Großstädten auch an den Sonntagen die Besucherzahlen ballen könnten. Mit Blick auf den derzeitigen Mangel an anderen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung sei es „zumindest ebenso naheliegend, dass durch die Öffnung am Sonntag zusätzliche Kunden dazu animiert würden, sich in die Innenstädte zu begeben“, so das Gericht.
„Wir sind maßlos enttäuscht und fassungslos“, erklärte Michael Radau, Präsident des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen. Radau attackierte die Gewerkschaft mit scharfen Worten: „Was möchte Verdi aus ideologischen Gründen noch alles unternehmen, um die Existenzgrundlage ihrer Mitglieder zu zerstören?“Gerade ängstlichen
Kunden, die auf das Wochenende zum Einkaufen angewiesen seien, hätte die zusätzliche Sonntagsöffnung die Möglichkeit gegeben, dem hohen zu erwartenden Besucheraufkommen an den Adventssamstagen zu entgehen, argumentierte Radau. Diese Entzerrung hätte auch dem Schutz der Beschäftigten gedient. „Ich frage mich, ob das OVG wirklich den Ernst der Lage erkennt. Ganze Innenstädte drohen wegzubrechen“, so der NRW-Handelsexperte.
Die Gewerkschaft Verdi ist dagegen zufrieden mit dem Beschluss. „Wir begrüßen dieses Urteil des Oberverwaltungsgerichts. Verdi hat immer betont, dass es durch verkaufsoffene Sonntage nur zu einer Verdichtung der Besucherströme an den Wochenenden kommt und sie keinesfalls zum Schutz der Bevölkerung beitragen. Abstandsregeln können nicht eingehalten werden, wenn an verkaufsoffenen Sonntagen die Innenstädte überfüllt sind“, sagte die Landesbezirksleiterin Gabriele Schmidt.