Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Hoffen auf das Sommergeschäft.
Die Flugbörse ist im Alleecenter aus dem Untergeschoss in eine attraktivere Lage im Haus im Erdgeschoss gezogen. Das Reisebüro setzt damit ein positives Signal im Einkaufstempel.
Auf der Fototapete, die den hinteren Bereich der Flugbörse im Allee-Center abtrennt, zieht eine Elefantenherde vor dem Kilimandscharo in Tansania. Die Traumkulisse im Osten Afrikas ist für Urlaubssuchende zurzeit unerreichbar. Wie die meisten Destinationen in Europa und Übersee, deren Besuch Corona hartnäckig einen Riegel vorschiebt. Die Reisebranche ist fast auf null abgestürzt, dennoch wird in extrem schwierigen Zeiten investiert. Die Flugbörse ist ein positives Beispiel, dass auch dem Einkaufszentrum guttut.
Als Untermieter der Supermarktkette Real musste das Reisebüro nach dessen Schließung am 31. Oktober weichen. Aus dem Untergeschoss im Allee-Center ging es eine Etage höher. Von 24 auf 36 Quadratmeter Fläche. Aus dem kleinen, verwinkelten Geschäft in der hintersten Ecke rückte die Flugbörse am 11. November in eine attraktivere Lage. „Das neue Büro ist zwar nicht deutlich größer, aber es wirkt einladend und ist großzügiger aufgeteilt“, freut sich Marion Jockel.
Die Remscheiderin ist seit 42 Jahren als Reisekauffrau aktiv. „Unser Beruf ist total toll, weil wir unseren Kunden die schönsten Wochen im Jahr bereiten“, erklärt Jockel. Momentan aber steht fast alles still nach einem Jahr zum Vergessen. 2020 wurden fast nur vor Corona getätigte Buchungen rückabgewickelt. Alles kostenlos. Doppelte Arbeit, null Verdienst. Vollzeitkraft Marion Jockel und ihre Teilzeitkolleginnen Melanie Opitz und Sabine Reuter sowie Auszubildende Laura Ruiz-Miranda sind froh, dass ihr Arbeitgeber in einer Zeit mit minimalen Umsätzen ein Zeichen setzt. Die Flugbörse zählt zur RTK-Gruppe (Raiffeisen-Tours-Kooperation), die mit mehr als 3500 angeschlossenen Reisebüros die größte Reisekooperation in Deutschland bildet.
Mit der DER-Touristik ist die Flugbörse
eines von zwei verbliebenen Reisebüros im Center. Drei waren es mal – für ein Einkaufszentrum dieser Größenordnung eine stolze Zahl und ein Indiz, dass die Reiseindustrie vor Corona boomte. Ende Juni machte Thomas Cook nach der zweiten Insolvenz binnen eines Jahres dicht. Mit Sabine Reuter und Laura Ruiz-Miranda, die nun ihr drittes Lehrjahr beenden kann, wurde in der Flugbörse sogar Personal vom ehemaligen Mitbewerber übernommen.
Alle gängigen Reiseveranstalter können bei den vier Damen gebucht werden. Angebote gibt es zurzeit jedoch kaum. Neben der Eingangstür
hängt eines der wenigen: Fuerteventura ab 9. Dezember, 14 Tage, alles inklusive im Vier-Sterne-Hotel für 728 Euro pro Person.
Mit Aushängen halten sich die Reisekauffrauen zurück. Denn was heute gilt, kann vielleicht morgen nicht mehr gebucht werden. Ihr erster Blick am Computer morgens fällt
deshalb immer auf die Homepage des Auswärtigen Amtes und das aktuelle Reisebarometer. „Die Kanarischen Inseln sind kein Risikogebiet, deshalb besteht eine reelle Chance“, sagt Marion Jockel.
Aber auch die Kanaren sind mit Hürden verbunden. Zwar müssen Besucher nach ihrer Rückkehr nicht automatisch in Quarantäne, aber vor Abreise muss ein frischer, negativer PCR-Test vorliegen. Eine App (Radar Covid) ist für Spanien zwingend, die während des Aufenthalts und 15 Tage danach in Funktion sein muss. Vorab müssen beim Spain Travel Health Portal Formulare ausgefüllt werden.
Normalerweise wissen Reisekaufleute, dass sie selbst zwischen November und Februar nicht in Urlaub gehen, weil diese zu den umsatzstärksten Buchungsmonaten zählen. Momentan ist dies anders. Die Branche hofft auf den Impfstoff und ein verspätet anlaufendes Sommergeschäft 2021.