Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Egon Krenz wird aus der Haft entlassen
Egon Krenz gehörte zu den letzten ranghohen Regierungsbeamten der DDR, die sich vor Gericht verantworten mussten. Ab 1995 stand er in Berlin vor Gericht, ihm wurden Totschlag und eine Mitverantwortung am DDR-Grenzregime zur Last gelegt. Krenz war 1984 zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR ernannt worden und galt seitdem als zweiter Mann hinter Erich Honecker. Im Oktober 1989 hatte er von Honecker das Amt des Generalsekretärs des Zentralkomitees der SED übernommen, dann auch das des Vorsitzenden des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates. Keine sechs Wochen später traten er und das gesamte Politbüro zurück. 1990 wurde er von der SED-Nachfolgepartei PDS ausgeschlossen. In den Jahren nach der Wiedervereinigung hatte Krenz in verschiedenen Prozessen gegen frühere Repräsentanten der DDR als Zeuge ausgesagt. 1993 wurden die Ermittlungen gegen Krenz aufgenommen, 1995 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage. Krenz vertrat die Ansicht, bundesdeutsche Gerichte hätten nicht das Recht, über Bürger der DDR zu richten. 1997 wurde Egon Krenz wegen Totschlags in vier Fällen schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte ihn zu sechs Jahren und sechs Monaten Haft. Von der Strafe, die er Anfang des Jahres 2000 antreten musste, saß der letzte Staatschef der DDR etwas weniger als vier Jahre ab. Am 18. Dezember 2003 wurde er aus der Justizvollzugsanstalt Plötzensee entlassen. Er war in den letzten Monaten Freigänger gewesen und hatte nur noch im Gefängnis übernachten müssen. Der Rest seiner Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.