Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Krisenstabsleiter: „100-prozentige Sicherheit gibt es nicht“
Vor allem das Infektionsgeschehen im Alten- und Pflegeheim Haus Lennep war Streitpunkt in der Corona-Sondersitzung des Sozialausschusses.
Trägt die Stadtverwaltung und der Corona-Krisenstab eine Mitverantwortung an den Todesfällen durch Covid-19 im Altenund Pflegeheim Haus Lennep, weil man sich im Vorfeld nicht früh genug und nicht ausreichend um den Schutz der Bewohner gekümmert hat? Diesen Eindruck vermittelten die Fragen und Einschätzungen von Ratsmitglied Dietmar Volk (CDU) am Donnerstagabend in der auf Wunsch seiner Fraktion einberufenen Corona-Sondersitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen.
Die Stadt habe eine „Mitverantwortung“für die beiden von der Bergischen Diakonie betriebenen Heime in Lennep und Vieringhausen, weil sie 49 Prozent der Anteile in der für diesen Zweck gegründeten Gesellschaft halte, sagte Volk. Generell habe die Stadt Zeit verloren im Kampf gegen die Pandemie. „Über den Sommer wurde nichts gemacht.“Sozialdezernent Thomas Neuhaus (Grüne) wies diese Vorwürfe ruhig aber bestimmt zurück. Die Stadt habe alles unternommen, um die Bewohner und Mitarbeiter in allen Heimen der Stadt gut zu schützen. So habe die Stadt als erste Kommune in NRW die Unterstützung von Bundeswehr-Soldaten angefordert. Die mit ihnen gebildeten mobilen Teams hätten im 14-tägigen Rhythmus insgesamt dreimal alle 8000 Personen mit Abstrichen getestet.
In einer zweiten Phase seien die Heime dann über die Apotheken mit Schnelltests ausgestattet worden. Mit diesen würden Mitarbeiter und Bewohner vor Ort regelmäßig getestet. Wie das Virus am Ende den Weg in die Einrichtung gefunden habe, ob über Mitarbeiter oder Angehörige, habe man nicht ermitteln können. Komplett abriegeln ließen sich die Heime nicht. Zudem seien die Ergebnisse der Schnelltests nicht völlig fehlerfrei. „100-prozentige Sicherheit gibt es nicht“sagte Neuhaus und fügte an: „Wir sind weit davon entfernt, der Einrichtung einen Vorwurf zu machen.“Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) zollte den Mitarbeitern in Haus Lennep „großen Respekt“. Weil auch viele Kollegen mit dem Virus infiziert seien, sei die Arbeitsbelastung hoch. In einer solchen Situation solle „man lieber Solidarität zeigen“, sagte der OB.
„Wo stecken sich die Menschen an?“, wollte Frank vom Scheidt (Grüne) wissen. Zunächst sei das Virus nach den Sommerferien vor allem durch Reiserückkehrer mitgebracht worden, sagte Dr. Frank Neveling, Leiter des Gesundheitsamtes. Mittlerweile fänden die allermeisten Ansteckungen vor allem im Familien- und Freundeskreis statt, erklärte er. Schulklassen dagegen seien kein Ort der Virusübertragung. Auch eine Ansteckung am Arbeitsplatz sei „eher die Ausnahme“.
Bei der Kontaktnachverfolgung von Infizierten durch das Gesundheitsamt habe die Stadt anders als andere Kommunen nie den Faden abreißen lassen, so Neuhaus. Prüfen will die Stadt die Anregung von Volk, ob man die Praxis der Stadt Tübingen übernimmt. Dort können Senioren preiswert mit Taxis fahren, um die Infektionsgefahr zu verringern.
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