Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Gutes tun und Freunde finden
Damit sich zugewanderte und internationale Studierende schneller einleben und ihre Sprachkenntnisse verbessern, hilft ihnen die Uni Duisburg-Essen dabei, sich ehrenamtlich zu engagieren. Das Projekt „Studium hoch E“kommt an.
Als Lynn Klöcker im Juni nach Essen zog, befand sich der Campus der Universität coronabedingt im Dornröschen-Schlaf. „Ich hatte meinen Psychologie-Bachelor in Belgien abgeschlossen und war deshalb weit vor Start meines Grundschul-Lehramt-Studiums nach Essen gekommen, um mich einzuleben“, sagt die 22-Jährige, die aus dem deutschsprachigen Teil Belgiens stammt und daher keine Sprachbarriere zu überwinden hatte. Dennoch: Stadt, Menschen und Kultur waren ihr fremd.
Umso dankbarer war Lynn Klöcker, als sie von der Summerschool der Ehrenamt-Agentur Essen hörte: „Es ging darum, Grundschulkindern nach den Wochen des Homeschoolings Unterricht zu geben, so dass Kinder, die von ihren Eltern in der Lockdown-Phase schulisch nicht so stark unterstützt werden konnten, keinen Nachteil haben und Schulstoff aufarbeiten konnten.“Das ideale Projekt für die angehende Grundschullehrerin. Und anschließend wollte sich Lynn Klöcker direkt weiter engagieren: „Ich arbeite gerade wieder mit Kindern, ein Ehrenamtsprojekt an einer Grundschule.“Es würden Geschenke fürs Wichteln in Altenheimen gebastelt, damkit die Bewohner eine kleine Überraschung bekommen.
Dass sich vor allem ausländische und zugewanderte Studierende ehrenamtlich engagieren, um Anschluss zu finden an das kulturelle und gesellschaftliche Leben vor Ort, um Kontakte zu knüpfen und ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, ist die Idee hinter dem Projekt „Studium hoch E“der Universität Duisburg-Essen gemeinsam mit der Ehrenamt-Agentur Essen. „Wir haben einen Anteil von 20 Prozent internationalen Studierenden“, sagt Friederike Compernaß von Uniaktiv, der universitären Kontaktstelle für das Thema Ehrenamt. „Damit ist die Uni Duisburg-Essen zu einem attraktiven Standort für internationale Studierende geworden. Gerade deshalb ist es wichtig, internationalen Studierenden einen niedrigschwelligen Anschluss an das kulturelle und gesellschaftliche Leben zu ermöglichen.“Damit binde man die ausländischen Absolventen außerdem als Fachkräfte langfristig an die Region.
Die Corona-Pandemie hat das Projekt anders starten lassen als eigentlich geplant: „Auf dem Essener
Campus soll es langfristig eine Engagement-Beratung der Ehrenamt-Agentur geben, bei der Studierende spontan vorbeischauen und sich über mögliche ehrenamtliche Einsätze informieren können“, sagt Friederike Compernaß. Derzeit habe man aber viele Studierende über die sozialen Medien erreicht, berate per Telefon und Chats. „In Live-Videos stellen sich außerdem verschiedene gemeinnützige Institutionen vor, die freiwillige Helfer suchen.“
Die Corona-Pandemie mache es den internationalen Studierenden noch schwerer, überhaupt anzukommen. Der Austausch auf dem Campus, bei Veranstaltungen, fehle, so Compernaß. Und deshalb seien viele Studierende froh, sich engagieren zu können. Wie auch Adham Abdou: Der Syrer, der seit 2015 in Essen lebt, ist dank seiner Ehrenämter schnell in seiner neuen Heimat angekommen. Er studiert Energy Science. „Ein arabisches Sprichwort sagt: Wenn es meinem Nachbarn gut geht, dann geht es mir auch gut“, erklärt er. Deshalb packe er dort an, wo er gebraucht werde. Bei einer Kleiderkammer hat er bereits mitgeholfen, in einer Gruppe für Wohnungslose, bei der örtlichen Tafel.
Er dolmetscht zuweilen und gibt Freunden Nachhilfe. Adham sagt: „Ich habe mittlerweile mehr deutsche als syrische Freunde und fühle mich in Essen zu Hause.“
Auch Lynn Klöcker ist froh, dass sie sich für das „Studium hoch E“entschieden hat: „An der Uni läuft derzeit alles online. Selbst meine
Mathe-Übung, die für Erstsemester zunächst noch in Präsenz lief, sodass man wenigstens ein paar Kommilitonen kennenlernen konnte, ist nun digital. Über meine ehrenamtliche Arbeit mit den Schülern habe ich aber schon einige Schulen in Essen und so auch einige Lehrer kennengelernt. Mit Ihnen konnte ich auch über ihre Erfahrungen im Beruf sprechen, was mich in meinem Studienwunsch bestärkt hat. Außerdem habe ich viele verschiedene Stadtteile von Essen entdeckt.“
Übrigens: Obwohl sich „Studium hoch E“vor allem an internationale Studierende und solche mit Migrationshintergrund richtet, dürfen sich natürlich auch alle anderen engagieren. „Je mehr mitmachen, desto besser“, sagt Friederike Compernaß. Denn die Erfahrungen, die die Studierenden bei ihren ehrenamtlichen Einsätzen machen, bringen sie oft auch im Studium weiter.