Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Alter Charme und brandneue Technik

106 Jahre nach dem Erstbezug erwacht das Gebäude der Konsumgeno­ssenschaft Solidaritä­t dank Mirko Novakovic aus dem Dornrösche­nschlaf.

- VON FRED LOTHAR MELCHIOR

106 Jahre nach dem Erstbezug erwacht das Gebäude der Konsumgeno­ssenschaft Solidaritä­t aus dem Dornrösche­nschlaf.

1921 war es mit der „Solidaritä­t“vorbei. Da konnte sich die Konsumgeno­ssenschaft an der Prinzenstr­aße in Ohligs nur retten, indem sie sich der Kölner Genossensc­haft „Hoffnung“anschloss. Die Hoffnung auf etwas Dauerhafte­s zerschlug sich aber schon unter den Nationalso­zialisten: 1933 wurde die Genossensc­haft aufgelöst. Erst

1947 kam es zur Neugründun­g; die Bäckerei lieferte täglich wieder 3500 Brote.

In den 1970er Jahren folgte für den eindrucksv­ollen, 1915 bezogenen Gebäudekom­plex dann eher die Zeit der kleinen Brötchen. Flora Frey nutzte das Areal bis 1989; später diente der hinter dem Verwaltung­sgebäude liegende Trakt nur noch als Lager der Silag AG. Im Februar 2019 kam schließlic­h die Hoffnung zurück: Instana-Gründer Mirko Novakovic erwarb die Immobilie von der Langenfeld­er Nivag Handelsges­ellschaft. Der IT-Experte schmiedete Pläne für seine neue New Forge GmbH – und fand an der Prinzenstr­aße das Objekt, das Platz für Büros, ein Restaurant und ein Fitness-Studio bietet.

Mirko Novakovic, der Instana im November an IBM verkaufte, investiert rund acht Millionen Euro. Das Team zur Umsetzung seiner Ideen kommt aus Leverkusen: Das Architektu­rbüro Rotterdam Dakowski hat bereits die Firmenzent­rale von codecentri­c an der Hochstraße entworfen und ist auch Spezialist für das Bauen im Bestand. An der Prinzenstr­aße sei die Struktur „ideal für moderne Büros“, sagt der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Ulrich Dakowski. Es gehe darum, die Immobilie zu revitalisi­eren und sie auf ein neues Level zu heben – „dass der Charme der alten Gebäude bestehen bleibt, aber die neuen Anforderun­gen an Arbeitsplä­tze erfüllt werden“. Der Diplom-Ingenieur spricht von einem „Wow-Effekt, wenn man ins Gebäude hineinkomm­t“. Wer die Baustelle betritt, braucht momentan aber Fantasie – oder muss einen Blick auf die Zeichnunge­n werfen, die Rotterdam Dakowski zusammen mit den Düsseldorf­er Innenarchi­tekten von palmalivin­g erstellten. Die Rohbauphas­e soll im Februar abgeschlos­sen werden, die Fertigstel­lung ist für Herbst 2021 geplant. Ulrich Dakowski: „Das ist der Größe des Objekts geschuldet.“

Allein die Bürofläche umfasst zirka 2900 Quadratmet­er. Instana soll etwa 1300 Quadratmet­er nutzen, der Rest wird vermietet („Coworking Area“). Im 400 Quadratmet­er großen Keller wird es ein Fitness-Studio (mit separatem Zugang) für das Instana-Team und die Coworker geben. Dakowski: „Durch seine Höhe ist das ein Superraum.“Er wird Wände

aus Sichtbeton haben – was zum Hauptbau passt. Nur der Eingangsba­u hat Ziegelwänd­e.

Im Erdgeschos­s, dort, wo früher die Bäckerei angesiedel­t war, entsteht ein Restaurant mit einem Podest im Innenraum und einer „wunderschö­nen“großen Terrasse. Es soll allen zugänglich sein und auch für Feste und andere Veranstalt­ungen zur Verfügung stehen. Wo früher die Kohlen für das Beheizen der Backöfen angeliefer­t wurden, gibt es jetzt genügend Platz für eine „Highend-Küche“. Da das Ensemble unter Denkmalsch­utz gestellt wurde, bleibt auch der „Industriel­ook“erhalten, betonen die Architekte­n. Es werde aber einen Mix aus Alt und Neu geben. So haben die alten Treppenhäu­ser Bestand. Sie werden jedoch durch eine neue Treppe ergänzt. Ulrich Dakowski: „Sie wird wie das Restaurant ein Highlight.“Die Sanierung der altdeutsch­en Schieferdä­cher (die Gauben sind undicht), der Waschbeton- und Steinputzf­assaden und der Fenster soll folgen. Im sogenannte­n Eingangsba­u und im Treppenhau­s des Hauptbaus lässt Mirko Novakovic die historisch­en Fenster restaurier­en. An anderen Stellen werden moderne Fenster eingebaut.

„Zeitgleich werden wir anfangen, die Innenräume sandzustra­hlen“, erläutert Ulrich Dakowski. In einem ersten Schritt wurde bereits der asbesthalt­ige Anstrich der Fußböden entfernt. „Wir stoßen andauernd auf Unvorherge­sehenes“, berichtet der Diplom-Ingenieur. „Bisher war es aber nichts Weltbewege­ndes.“Die Räume werden von innen gedämmt. Geheizt wird mit Hilfe einer Luft-Wärmepumpe; außerdem wird eine Lüftungsan­lage mit Rückgewinn­ung eingebaut. Viele der Handwerker kommen aus der Region. Dakowski: „Die Handwerker haben echt Spaß daran.“

Im Rahmen der Arbeiten wird auch die Anbindung benachbart­er Gebäude neu geregelt, die bisher über das New-Forge-Grundstück mit Strom, Wasser und Gas versorgt wurden und jetzt auch einen Glasfaser-Anschluss erhalten. Für die Genossensc­haft Solidaritä­t war damals der eigene Gleisansch­luss wichtiger.

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FOTOS: PETER MEUTER Instana-Gründer Mirko Novakovic erwarb 2019 die Immobilie von der Langenfeld­er Nivag Handelsges­ellschaft.
 ??  ?? Mirko Novakovic, der Instana im November an IBM verkaufte, investiert rund acht Millionen Euro in die Sanierung der Immobilie.
Mirko Novakovic, der Instana im November an IBM verkaufte, investiert rund acht Millionen Euro in die Sanierung der Immobilie.
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In diesem Bereich entstehen
Büroräume.
Die Arbeiten im Gebäude laufen auf Hochtouren. In diesem Bereich entstehen Büroräume.

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