Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Als Regionensc­hreiber auf Entdeckung­sreise.

Als Regionensc­hreiber hat der Kölner Eindrücke und Begegnunge­n festgehalt­en. Das Projekt wird 2021 fortgesetz­t.

- SABINE NABER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

BERGISCHES LAND Als sich der Autor Tilman Strasser (36) Anfang 2020 um ein Stipendium als Regionensc­hreiber beworben hat, da hatte er sich gewünscht, im Bergischen Land eingesetzt zu werden. Sein Wunsch wurde erfüllt. Der Kölner zog für vier Monate ins Bergische, um über Land und Leute zu schreiben. Wir wollten wissen, wie es ihm dabei ergangen ist.

Wie sind Sie Regionensc­hreiber geworden, und was mussten Sie dafür tun?

STRASSER Man muss Spaß daran haben, literarisc­h zu spielen. Ich habe mir gedacht, dass man eine Region am besten durch Menschen und Begegnunge­n kennenlern­t. Mit Menschen – ganz jungen, alten, reichen und armen – wollte ich sprechen und so ein diverses Bild präsentier­en. Ich habe Arbeitspro­ben abgegeben, und mein Projekt fand Anklang. So bin ich im März einer von insgesamt zehn Regionensc­hreibern in Nordrhein-Westfalen geworden.

Ging das von Köln aus denn so einfach?

STRASSER Nein, man muss schon vor Ort sein, wenn man über eine bestimmte Region schreiben will. Das ist eine der Voraussetz­ungen. So bin ich hierher in eine sogenannte Stipendium­s-Wohnung gezogen. Das hat mir so gut gefallen, dass ich auch jetzt noch dort wohne. Mir gefällt vieles im Bergischen Land. Zum Beispiel die grüne Farbe der Fensterläd­en und Regenrinne­n. Ich konnte in zahlreiche Facetten eintauchen. Einfach schön.

Wie sind Sie die Aufgabe angegangen?

STRASSER Durch Corona wurde es schwierige­r, auf Leute zuzugehen. Aber ich konnte trotzdem Interviews führen, habe kleine Gespräche gedanklich mitgeschri­eben und den Geschichte­n, die mir die Menschen erzählt haben, wie bei einem Gespräch in der Kneipe gelauscht. Von Meike Utke vom Büro Regionale Kulturproj­ekte habe ich allerdings Hilfe bekommen. Sie kennt ja viele Leute, hat mir Gesprächsp­artner vermittelt. Das einfache Herumstrei­fen

und Menschen ansprechen, das fiel ja ein wenig flach in dieser Corona-Zeit.

Womit punktet denn unsere bergische Region?

STRASSER Sicherlich mit ganz Vielem. Mir ging es ja vor allem um die Menschen. In einer Geschichte, ich habe sie ‚Die Wurst‘ überschrie­ben, hatte ich beispielsw­eise ein herrliches Gespräch mit einem Imbissbude­n-Besitzer. Das klang dann so: ‚Stammgäste? Klar, gibbet. Aber warum kommen die? Weil du hier deine Ruhe hast. Is dat mitten in der Stadt? Na sicher. Is dat New York hier? Nee. Aber trotzdem wat los. Glaub mir mal. Und deshalb machen wir drinnen entspannt. Heiß und fettig, aber lässig. Sag ich jetzt so.‘ Aber ich habe natürlich auch ganz andere Begebenhei­ten geschilder­t. Zum Beispiel Bergische

Limericks geschriebe­n, war in Wäldern und Orten unterwegs, habe viel gesehen und erlebt. Zahlreiche Geschichte­n sind so zusammenge­kommen.

Wie geht es jetzt weiter?

STRASSER Eigentlich laden die Kulturregi­onen nur alle zwei Jahre zu solch einem viermonati­gen Residenzau­fenthalt ein. Weil aber wegen Corona vieles anders gelaufen ist und ich einiges einfach nicht geschafft habe, startet in diesem Jahr ganz offiziell eine Neuauflage. Ich werde mich im Sommer noch einmal drei Monate lang auf Orte und Menschen konzentrie­ren. Also dasselbe nochmal – nur noch besser. Ich hoffe, dann auch eine Publikatio­n hinzukrieg­en. Erste Gespräche mit Verlagen gab es schon. Und Lesungen sind geplant. Auch in Remscheid. Auf jeden Fall freue ich mich auf die neue Projektpha­se und viele unbefangen­e Begegnunge­n mit den Bergischen. Außerdem arbeite ich an meinem zweiten Roman und bin in studentisc­hen Wohngemein­schaften unterwegs. Da sitze ich dann auf dem Sofa und unterhalte mich mit meinen Gesprächsp­artnern auf Augenhöhe. In meiner Wohnung im Neandertal kann ich zudem super arbeiten, habe ein gutes Verhältnis zum Vermieter. Drei bis vier Tage werde ich zukünftig dort sein, behalte aber auch meine Wohnung in Köln.

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ANNIKA FIRMENICH ?? Als Stipendiat hat sich der Kölner Autor Tilman Strasser vier Monate im Bergischen Land als Regionensc­hreiber umgeschaut.
FOTO: ANNIKA FIRMENICH Als Stipendiat hat sich der Kölner Autor Tilman Strasser vier Monate im Bergischen Land als Regionensc­hreiber umgeschaut.

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